Volltext: Festschrift gewidmet den Teilnehmern an der 32. Wanderversammlung Bayerischer Landwirthe in Nürnberg vom 12.-14. Mai 1895

93 
Jahresvegetationskurve kündigen in der Zeit die charakteristischen Lebens— 
phasen der Pflanzen an, und es bedarf deshalb nur der Vornahme von 
zweckmäßig auf die Vegetationsdauer des Jahres verteilten Einzel— 
beobachtungen, um das durchschnittliche, durch örtliches Klima bedingte 
Vegetationsbild festzustellen. Bei diesem leicht erreichbaren Ziel und dem 
daraus für die Landeskultur erwachsenden Vorteil kann es, wie dies in 
anerkannter Weise in vielen Kulturgebieten im Gang ist, nur empfehlens— 
wert sein, der örtlichen Vegetationsentwicklung gleiche Aufmerksamkeit zuzu— 
wenden, wie den Witterungserscheinungen, und ähnlich zu verfahren, wie 
in der Meteorologie, nämlich Vegetationsbeobachtungen anzustellen, Termine 
zu registrieren, diese zusammenzustellen und die Ergebnisse in passender 
Form, tabellarisch oder kartographis ch zur Anschauung zu bringen. Rationell 
ausgeführte Einzelbeobachtungen an Pflanzen führen auch zu gleich brauch⸗ 
baren Ergebnissen wie in der Meteorologie, da sich im zeitlichen Eintritt 
der zur Beobachtung sich eignenden Lebensäußerungen der Pflanzen ohn⸗ 
geachtet der jährlich schwankenden Termine eine unverkennbare Gesetzmäßig— 
keit zeigt. Man erhält nämlich erfahrungsgemäß nach einer längeren 
Reihe von Beobachtungsjahren Mitteltermine, die sich zur Vergleichung 
ebenso eignen, wie die aus langjähriger Aufnahme der täglich schwankenden 
Witterungsfaktoren: Luftdruck, Temperatur, Niederschlag u. s. f. berechneten 
Mittelwerte, und damit die Grundlage zu einer eigenartigen, aus dem 
pflanzlichen Leben hervorgegangenen „vergleichenden Klimatologie“. 
Die Gewinnung brauchbarer Vergleichungstermine erfordert aber ebenso— 
wohl sorgfältige Pflanzenauswahl wie methodisches Beobachten. Es eignen 
sich dazu nur langlebige Blütenpflanzen und unter diesen am besten die Holz— 
pflanzen: Bäume und Sträucher. Innere Organisation und vollendeter 
Bau machen diese unabhängiger von der Standortsfrage, erleichtern ihre 
Anpassung und Verbreitung, erhöhen ihre Widerstandsfähigkeit gegen schäd— 
liche äußere Einwirkung und sichern den gleichmäßigen Entwicklungsgang, 
der für Erhaltung richtiger Beobachtungsresultate maßgebend ist. Letztere 
gehen aus dem an Holzpflanzen leicht wahrnehmbaren Eintritt der Ent— 
wicklungsstadien hervor, die durch folgende Bezeichnung der Phasen: erste 
Blattoberfläche sichtbar, erste Blüte offen, erste Frucht reif, Laubverfärbung 
— einen präcisen Ausdruck erhalten und bei sorgfältiger Registrierung des 
Eintrittes der Termine dieser Phasen das Mittel zur klimatischen Ver— 
wertung bieten. 
Der Eintritt der genannten Phasen zeigt aber nicht allein eine 
äußere Erscheinung an der Pflanze an, er deutet auch auf eine Wandlung 
in den inneren Vorgängen derselben hin, weshalb die Beobachtungstermine 
auch wissenschaftliches Interesse beanspruchen. — Die äußeren Bedingungen 
für das Leben der Pflanzen sind in den verschiedenen Entwicklungszuständen 
nicht die gleichen. Pflanzen im ersten Stadium der Verjüngung, im
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.