Full text: Das Hans Sachsfest in Nürnberg am 4. und 5. November 1894

20 1. Festspiel „Hans Sachs“ von R. Genee 6— 6 
da kommt der Prediger von St. Lorenz, Andreas Osiander, und 
zeigt ihm angeblich alte, im Karthäuserkloster aufgefundene 
Abbildungen, welche die Geschichte des Papsttums und seinen 
Untergang darstellen. Hans Sachs soll hübsche Reime dazu 
dichten, die in alle Welt hinausgehen sollen. Aber er sträubt 
sich dagegen, denn er will Frieden mit der Welt und in seinem 
eigenen Hause. Erst als ihm Osiander, der immer leiden— 
schaftlicher in ihn drängt, die der reinen Lehre drohende Ge— 
fahr vorstellt und zuletzt das Ansehen Luthers, der dem Vor— 
haben zustimme, ins Treffen führt, geht Hans Sachs mit der 
Freudigkeit der Überzeugung auf den Vorschlag ein. Das 
Büchlein aber erregt den Unwillen und Zorn des Rats und 
die Empörung der Frau Kunigunde, weil der Dichter sein 
Wort gebrochen hat. Sie denkt sogar allen Ernstes daran, 
sich von ihm zu trennen. Der Rat läßt ihm durch schriftlichen 
Befehl auferlegen, seines Handwerks zu warten und sich der 
Herausgabe irgendwelcher Büchlein und Reime zu enthalten. 
In dieser Lage, die er als Schmach und Schande empfindet 
und in der er einen vollständigen Bruch mit seiner dichterischen 
Vergangenheit erkennt, besteht die Liebe und feste Anhänglich— 
keit seiner Frau die Feuerprobe. Jetzt hält sie zu ihm und 
will nicht mehr von ihm lassen. 
Das Verbot des Rates ist indes nicht so streng gemeint, 
wie es anfangs den Anschein gehabt hat. Darüber belehren 
ihn seine Freunde im Rat, der Ratsschreiber Lazarus Spengler, 
die Ratsherrn Martin Geuder und Nikolaus Groland. Das 
Verbot des Rats will ihm keineswegs Einschränkungen in seinem 
Dichten auferlegen, nur Kampfschriften, wie jene vom Unter— 
gang des Vapsttums, soll er in Zukunft nicht mehr verfassen. 
Das Stück schließt mit einem Schembartlauf, den Mit— 
glieder der Singschule dem Dichter zu Ehren veranstalten und 
wodurch er gewissermaßen eine Genugthuung empfangen soll 
gegenüber den Anfeindungen und Unbilden seiner neidischen 
Gegner. Nachdem die Schembartschar den bösen Neid zum
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.