Volltext: 1834-1884 (2. Band)

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Neue Metamorphosen. 
wurde, gerade krank zu Bette gelegen hatte, ein anderes bereits ver— 
storbenes oder sterbendes) Kind untergeschoben, dieses alsdann als 
todt ausgestellt und begraben, und so Kaspar angeblich in die Todten— 
liste gebracht.“ Klar wie Feuerbachs „ungeschminkte Wahrheit.“ Der 
Arzt (es sind aber leider zwei Ärzte da!) des bei Seite geschafften 
Thronfolgers verübte einen frommen Betrug: er vollzog den Auftrag, 
das Kind umzubringen, nur scheinbar. Schön! Jetzt brauchen wir 
bloß noch zu wissen — könnten wir es nur entfernt ahnen, wir 
würden den Herrn Anselm Ritter von Feuerbach, Königlich bayrischen 
Appellationsgerichtspräsidenten, wahrhaftig nicht inkommodieren! — 
„in welche hohe Familie Kaspar gehören möge.“ Ja du liebe un— 
geschminkte Frau Veritas, es „ist nur Ein Haus bekannt, auf welches“ 
sothane unbestechliche Logik zutrifft: „nämlich — die Feder sträubt 
sich (wirklich?! eine so hiche Feder, eine solche „ungeschminkte“ Buhlerin 
„sträubt sich'? Kokettes Biest das! Also, das „sträubt sich) diesen 
Gedanken niederzuschreiben — das Haus B —“ 
Oder sterbendes! Man lese Mittelstädts wuchtige Kritik (S. 75): „Das 
abenteuerlichste in der unterstellten Art der Unterschiebung bleibt noch hervorzu— 
heben, und diese Absurdität trifft Feuerbach ebenso, wie seine Anhänger. Daß man 
sich eine Kindes leiche irgendwoher verschafft, ist denkbar. Daß man ein todtes 
Kind für ein beseitigtes lebendes untergeschoben, ist wohl auch anderwärts vorge— 
ommen. Zwischen einem todten und einem sterbenden Kinde ist aber ein so 
himmelweiter Unterschied, wie zwischen Tod und Leben überhaupt. Das spricht 
and schreibt sich so leicht hin: ein todtes oder sterbendes Kind ... 
Den Tod selbst, das heißt, die Vernichtung des Lebens — gewaltsam herbeizu— 
ühren, steht wohl in des Menschen Macht. Den Vorgang des Sterbens aber 
als einen in einer gewissen Zeitfolge verlaufenden Akt vorauszuberechnen, vorzube— 
reiten und ihn vor Anderen aufzuführen, ist ein Unding.“ Außerdem erinnert M. 
daran, daß „sterbende“ Kinder keine marktgängige Ware sind, die man (noch dazu 
in einer Stadt, wie Karlsruhe im Jahre 1812, von etwa 13,000 Einwohnern) be— 
liebig zu beliebigem Gebrauch erwerben kann. Aus der Ferne konnte man es nicht 
beziehen, und wollte man das Sterben erst absichtlich hervorrufen, bleibt es 
bollends unverständlich, weshalb diese Mittel nicht gegen den Erbprinzen selbst 
angewendet worden sind. Wie ist nun aber diese kuriose Einschaltung entstanden? 
Hickel war auch in Karlsruhe und hörte dort durch seinen Schwager, den be— 
cühmten Rechtslehrer Roßhirt, von der am Prinzen vollzogenen Nottaufe. Da 
nun aber tote Kinder bekanntlich nicht getauft werden, schaltete der gewissenhafte 
Feuerbach sofort ein: „oder sterbendes“.
	        
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