Volltext: 1834-1884 (2. Band)

Kaspars lebhafte Erinnerung. 209 
„DieseLebensbeschreibung von meinem vorigen Zu— 
stand habe ich nach meiner Erinnerung geschrieben. 
Das Gefängniß in dem ich bis zu meiner Befreyung leben 
mußte, war ohngefähr 6 bis 7 Schuh lang, vier breit und fünf 
hoch. Auf der Vorderseite (in Stanhopes Rezension — Dé beginnt 
dieser Satz: „Der Boden schien mir festgestampfte Erde zu seyn, an 
der Vorderseite) waren zwei kleine Fenster“ u. s. w. (bei Hickel 1881 
S. 27—42 „vwörtlich nach der Urschrift Hausers“). Übersehen dür— 
fen dabei die Varianten des für Stanhope gemachten Autographen 
nicht werden.) Daumers Ergänzungen vom Jahre 1882 wollen wir 
mit Ds bezeichnen. Daß man die lustige Kasparbiographie all— 
mählich in ihn hineingefragt hat, verraten uns die Hauser— 
gelehrten mit der größten Unbefangenheit. Auch der stärkste Glaube 
war nicht blind genug, um nicht immerfort auf Lücken und Unsinn 
zu stoßen. Die Darstellung der Ausbildung der einzelnen Bestand⸗ 
leile wird uns das handgreiflich machen, wo wir an der Hand der 
verzeichneten Quellen nach der Reihe die Beschreibung des Kerkers, 
Kaspars Kleidung, Zeitvertreib, Pflege, absolute Absperrung, Ab— 
richtung und Wegführung aufmerksam betrachten. Die Analyse der 
Bekanntmachung vom 7. Juli 1828, das heißt also der ersten oder 
Binderschen Redaktion von Kaspars Selbstbiographie, ergiebt ihre 
Zusammensetzung aus den Bestandteilen, die wir hier in aufgelöster 
Setzen eines n statt des m des Dativs auch hier beizubehalten, ist nicht für nötig 
befunden worden.“ Köstlich, echt Daumerianisch ist seine Verwahrung: „Schwerlich 
würde selbst dem genialsten und wissenschaftlich tiefkundiasten Betrüger so etwas !) 
zu schreiben möglich sein.“ 
1) Bei Hickel S. 28 „Brod war immer genug da“ lautet bei Stanhope: 
„Brod war immer genug da, weil ich keine Bewegung hatte; ich konnte ja nicht 
gehen, und wußte nicht, daß ich aufstehen köunte, weil mir das Gehen niemand 
gelehrt hatte: es ist mir nie der Gedanke gekommen, aufstehen zu wol— 
ben. Ich hatte zwei hölzerne Pferde“ u. s. w. Und „ich hatte ja keinen Be— 
zriff, daß außer mir noch jemand sein könnte“, heißt bei Stanhope: „Ich habe nie 
einen Menschen gesehen, auch niemals einen gehört; wenn ich eine Zeitlang“ u. s. w. 
Diese Recension bricht ab „und schlief mit größten Schmerzen ein“ (S Hickel 
S. 38 Zeile 26). Daumer hat S. 29 von 3. 13 an bis S. 37 3. 10 einfach 
weggelassen. 
o. d. Linde,. Kaspar Hauser. II.
	        
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