154 Ein Kaspar-Hauser-Komplott.
hatte dort nämlich den Kredit, den er seiner hohen Stellung verdankte,
dazu benutzt, seine Mitmenschen auszubeuten und lin meistens sehr
kleinen Posten und fast ausschließlich in Form von prolongierten
Wechseln) mehr als 30000 Gulden Schulden zu machen. Die Art,
wie einzelne der Schulden gemacht wurden, war empörend; denn
es waren namentlich die kleinen Leute, wie Handwerker, Diener,
Pfleger von armen Waisen u. dgl. die sich durch den Rang des
Schuldners über seine wirklichen Vermögensverhältnisse täuschen ließen.
Andlaw wurde schließlich so energisch veranlaßt, seine Entlassung zu
nehmen, daß sein Minister, Freiherr von Meysenbuch in Karlsruhe,
ihm eine Frist zur Abreise bestimmte und schließlich drohen mußte,
ihn sonst arretieren zu lassen. Dr. Minet, der badische Geschäfts-
träger in Wien, schrieb den 6. Juli 1856 an den genannten Minister:
„Die finanziellen Verhältnisse des Freiherrn von Andlaw, in die ich
von Stunde zu Stunde eine klarere traurige Einsicht gewinne, haben
es mir zur absoluten Gewißheit gemacht, daß an dessen mögliche
Abreise, nach Ablegung des diplomatischen Charakters, nicht mehr zu
denken gewesen wäre, ich war selbst jetzt in dieser Beziehung erst be—
ruhigt, als ich denselben im Eisenbahnwaggon wußte. Der Zustand
des nun Abgereisten ist, im eigentlichen Sinne des Wortes, der der
Entblößung, und nachdem der Entschluß zur Abreise ausgesprochen
und ein ganzer Tag zur Auftreibung der dazu nötigen Geldmittel
berstrichen war, mußte mir das Geständnis abgelegt werden, daß, da
aller und jeder Kredit erschöpft, die Reise aus materiellen Gründen
unmöglich sei. Ich habe gethan, was jeder in gleicher Lage gethan
hätte, und diesem Hindernisse abgeholfen, denn außer mir konnte
oder wollte es niemand, und es war dies das notwendige Opfer,
welches einer auf längere Dauer unhaltbaren Situation gebracht
werden mußte.“
Der Sünder selbst schrieb den 26. Juli darauf an den Minister:
„Bis anfangs k. M. bleibe ich hier im Münsterthal; dann werde
ich meine Schmach in irgend einem Winkel der Erde verbergen und
geduldig und gottergeben hinnehmend, was mich betrifft, mich meinem
traurigen, verdienten Geschicke überlassen.“ Und im November des—
selben Jahres aus Straßburg: „Von meiner gegenwärtigen Lage