Volltext: 1828-1833 (1. Band)

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Kaspar von Wessenig. 
geben (das Appellationsgericht war indessen von Ansbach nach Eich⸗ 
städt verlegt), als sie eine zweite Vision bekam. „Ich wurde 
in, eine paradiesische Gegend versetzt, deren Schönheit keine Feder zu 
beschreiben vermag; ich erblickte eine unabsehbare Wiese mit den herr⸗ 
lichsten, balsamisch duftenden Blumen übersäet. Indem ich noch alle 
diese Herrlichkeiten anstaune, kommt Hauser über diese Wiese auf 
mich zu, grüßt mich und reicht mir die Hand. Sein Gesicht war 
verklärt, sein Anzug so prächtig, wie nur ein Kavalier bei einem 
königlichen Hofe in Gala erscheinen kann, auf der Brust zwei große 
Orden. Verwundert rief ich: Haufer, welche herrliche Veränderung 
ist mit Dir vorgegangen? Auf die Orden seiner Brust deutend ant— 
wortete er: so weit hätte ich's gebracht, wenn ich wäre am Leben ge⸗ 
blieben. — O vergessen Sie das, sprach ich, Sie sind für Ihr Leiden 
auf der Welt genug belohnt, da Sie in dies himmlische Paradies 
versetzt sind. — Er nahm mich nun bei der Hand und führte mich — 
er auf der Wiese fortgehend, ich auf dem sandbestreuten Pfade — 
von der Anhöhe in ein wunderschönes Thal, welches ein kristallheller 
Fluß durchströmte, hier kehrte er sich um, nahm mich bei der anderen 
Hand und führte mich denselben Weg zurück, bis zu einem Platz, 
welcher mit den kostbarsten und glänzendsten Edelsteinen bestreut war, 
daß meine Augen davon ganz geblendet wurden, und ich entzückt 
ausrief: Das ist kein irdischer Reichtum! Und als ich noch im An— 
schauen der Pracht und Schönheit versunken war, sprach er mahnend: 
sei standhaft und nicht wankelmütig und halte Dein Versprechen! 
Als ich mich nach ihm umsah, war er verschwunden. Meine Augen 
suchten und fanden ihn auf einen Hügel zugehend. Das ist der Weg 
nach Ansbach, rief ich, er geht an sein Grab, um seine Gebeine zu 
besuchen. Bei diesem meinem Ausruf verschwand alles. Nach dieser 
Vision betrieb ich die Sache lebhafter und mit mehr Ernst und kam 
in derselben glücklich weiter.“ 
Der sogenannte Kaspar Hauser war das Kind eines unbemittelten 
Leutnants und einer verheirateten hohen Dame, das während einer 
zweckdienlichen Reise in Ungarn geboren und der Gouvernante Dal-— 
bon übergeben wurde. Als der Vater mit seinem Kavallerieregi⸗ 
ment 1815 nach Beendigung des Krieges in seine Garnison zurück—
	        
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