Kaspar von Wessenig.
die obigen Daten den Argwohn zu rechtfertigen, daß die ganze Er—
zählung der Frau v. A. vielleicht keinen anderen Grund als den
ihres Eigennutzes haben möchte. Ein löbliches Kreis- und Stadt⸗
gericht wolle daher die Frau von Albersdorf näher stringieren und
sodann anher eröffnen, ob hier nicht von ihr eine Täuschung versucht
sei und durch selbe entweder von der wahren Spur der Familien—
verhältnisse des Kaspar Hauser abzuleiten oder von der Familie von
Redwitz Geld zu erpressen.“
Bei der Obligation von Hildburghausen mag daran erinnert
werden, daß die sogenannte „Albersdorf“ in den Jahren 1829 und
1832 auch einen Bruder des Herzogs Ernst J. von Koburg-Gotha
(f 1844), Herzog Ferdinand — denn ein anderer Bruder, König
Leopold von Belgien, kann nicht gemeint sein — durch gerichtliche
Anzeige in die Hausergeschichte zu verwickeln versucht hat. Herzog
Ferdinand Georg August war 1785 geboren, schon früh in den öster—
reichischen Militärdienst getreten, hatte 1816 die Tochter des Fürsten
v. Kohary geheiratet und 1826 dessen große Güter (Herrschaft Filek
in der Neograder Gespannschaft in Ungarn) geerbt. Man sieht leicht
ein, wie diese Daten ihm zur Mitwirkung an der Vaterschaft des
ungarischen Magnaten Kaspar Hauser verhelfen konnten.i) Diese
Denunziation der Albersdorf war einer der Gründe, warum Kaspars
Reise nach Gotha im Januar 1833 „im tiefsten Geheimnis gehüllt
bleiben sollte“'. Hickel zählt diese Gründe in einem Briefe vom
4. Juli 1848 aus Regensburg an Eberhardt in Gotha nach dieser
Reihe auf: 1) wegen der Zeitungen, 2) weil Hauser aus Experimenten
gerne Vorteile gezogen hat, 3) die Entdeckungsreise leicht mit der
Herzoglichen Familie in Verbindung hätte gebracht werden können.
Selbst ließ die Denunziantin noch eine andere' Geschichte drucken.
Nach dem „mißlungenen Mordversuch“ erinnerte sie sich einer
388
i) Die Kombinationswut der Hauferianer verband die Verdächtigung mit
dem Dorfe Erkersreuth, weil sich dort ein Schloß an der böhmischen Grenze befand,
von Baireuth 8 Meilen entfernt, das über Erlangen wieder 8—9 Meilen von
Nürnberg entfernt liegt. Ter Herzog von Koburg kaufte nämlich 1802 das Ritter—
gut Erkersreuth für 300,000 Gulden von dem Minister von Kretschmann (folglich
mag er wohl Hausers Onkel gewesen sein?“. Aus Klübers Kasparstudien.