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geborenen und gestorbenen Prinzen die Frage aufzuwerfen,
wer für ihre Echtheit oder vielmehr für die Wahrheit ihres
Inhalts bürge, stützt er sich selbst auf eine mehr als zweifel—
hafte Quelle, auf die angeblichen Memoiren Hennenhofers.
Wenn wir fragen wollten: Wer bürgt uns für deren Echt—
heit? so würde sich schwerlich Jemand dazu melden. Die
1870 in französischer Sprache erschienenen Auszüge aus
Hennenhofers Memoiren haben auch nicht den leisesten Anspruch
auf Authenticität. Mit Vorsicht zu betrachten sind auch die sonsti—
gen schriftlichen Hinterlassenschaften des Mannes, so sein Brief—
wechsel mit Stanhope. Die Mitteilungen Artins aus Hennen—
hofers Memoiren würden in der That sehr für Hausers badisches
Prinzentum sprechen, wenn diese wirklich von Hennenhofer her—
rührten und mehr als eine buchhändlerische Spekulation wären.
Herr v. Artin findet eine Stütze für seine Anschauung
darin, daß 1868 eine vielverbreitete Frankfurter Zeitung in
Feuilletonartikeln über Kaspar Hauser gegen den Großherzog
Ludwig und die Gräfin Hochberg die Beschuldigung des an
Hauser verübten Verbrechens unter voller Nennung der Namen
bringen durfte. Damals gab es noch kein Deutsches Reich,
und in einem andern Lande erscheinende Schriften konnte
man noch nicht so leicht wie heut verfolgen. Die Angegriffenen
lagen längst im Grabe, und die herrschende Generation wurde
durch Enkel der Hochberg vertreten, mithin trat das Interesse
an der Bekämpfung der Anschuldigungen einigermaßen zurück.
Der badische Hof mochte den Skandal scheuen, den die Er—
hebung einer öffentlichen Anklage mit sich bringen mußte,
und in dem voraussichtlich mancher dunkle Punkt in der
Geschichte der Dynastie aufgedeckt wurde, und zog es daher
vor, die Sache zu ignorieren. Thatsächlich hat er damit am
klügsten gehandelt, denn die frei passierenden Feuilletonartikel
wirbelten nicht annähernd so viel Staub auf, wie die im
Geheimen verfolgte Broschüre Garniers.