Objekt: Die Bergfestung Rothenberg

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Festungsspuk. 
Wie in deutschen, wie in allen Landen es zahlreiche 
Stätten gibt, wo sich alte Sagen unausrottbar durch getreue 
Ueberlieferung von Ohm auf Enkel bis in die Gegenwart 
fortpflanzten, sodaß sogar die Eingesessenen und deren Nachbarn 
jene Mären als ihr wohlerworbenes Eigenthum betrachteten 
und sich durch hämische Anzweiflung oder gar gottlosen 
Unglauben ihren Ruhmesantheil nicht rauben lassen wollten, 
so machte auch der Rothenberg und Umgebung Anspruch auf 
so wohlberechtigte Eigenthümlichkeiten von der Erbauung 
des ersten Wartthurms, von den Ganerbenzeiten an bis auf 
vor wenige Jahre seiner Auflassung als fester Platz. Schaut 
er doch Jahr um Jahr im Wechsel der Zeiten wie ein 
achtsamer Wärtel von seiner Kuppe ringsum in's Weite und 
Breite auf die umliegenden Höhenzüge, die eingeschnittenen 
Thäler, die malerisch zerstreuten Oertchen, und — wenn auch 
in vornehmer abgesonderter Haltung — vermittelten doch 
die damals noch dichtbestandenen Wälder und Büsche, die 
sich wie ein smaragdner Panzer um seine rothe Brust 
schmiegten, und fügten Geheimnißvolles zu Geheimnißvollem. 
Und nicht nur während der unnennbar wonnigen Sommer— 
nächte, im ringsum brausenden Frühlingswehen, auch wenn 
Winterstarre im dichten Schneepelz Alles umhüllte, ausfüllte 
und überzog, wenn der Verkehr selbst mit dem nächsten 
Nachbarn im Thal auch auf Wochen unterbrochen wurde, 
immer huschten und raunten die den Wissenden wohlbekannten 
Schemen von Wipfel zu Wipfel, von Zinne zu Zinne und 
glitten unter die Gespräche, die am häuslichen Herd, in den 
Wachtstuben, die Kantine, den Kasernen und den Gefängnissen, 
auf einsamen Stunden der Patrouillen gepflogen worden. 
Jung und Alt waren diese unfaßbaren Schatten geläufig, 
wenn auch nicht willkommen, und selbst im längstgewohnten 
Gruseln fanden Gläubige noch Nahrung ihrer furchtsamen 
Neugierde. Aber der Sturm der Märznächte vor Allem und 
das Heranbrausen des Herbstes mit seinen verschiedenartigen 
Tonleitern vom leisen Anbranden bis zum Donnerbrüllen, 
sie waren erst recht geeignet zur Hege und Pflege der alten
	        
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