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geistes Zu betrachten seien.! So sehr es uns nun eigentlich freuen
muß, wenn auch in enzyklopädische Werke des Auslandes Hans
Sachs damals Aufnahme gefunden hat, so erzeugen doch die Fehler,
die dabei unterlaufen, einen argen Mißton. Ein Beispiel sei ange-
°ührt. Was der Abbe Ladvocat, docteur et bibliothecaire de Sor-
yonne et professeur de la chaire d’Orleans en Sorbonne, in seinem
„Dietionnaire historique portatife“ (A La Haye, 1754, tome 2, p. 285)
bietet, lautet: „Sachse (Jean), Cordonnier de Nuremberg, puis Maitre
1’Ecole et Chantre, laissa un gr. nombre de Po&sies allemandes, qui
sont estimees, et que Georges Weiler a fait imprimer. Il m. le
15 Septemb, 1567, ä 81 ans.“ Wenn im Auslande fehlerhafte
Angaben in Umlauf gesetzt wurden, so ist dies dem heimischen
schlechten Beispiel zuzuschreiben. Im vorliegenden Falle interessiert
ıns aber vor allem die Bemerkung, daß die Werke Hans Sachsens
veschätzt seien.?
Von Norddeutschland war die Anregung ausgegangen, Hans
Jachs auf seinen wahren Wert zu prüfen, und in Nürnberg fiel sie
auf fruchtbaren Boden. Aber auch Süddeutschland setzte seine
Kraft für Hans Sachs ein. Und gerade aus jener Landschaft, die
im Anfange des 17, Jahrhunderts Hans Sachs für würdig erachtet
hatte, in den Tempel des guten Rufes eingeführt zu werden (oben
3, 72), erhob‘ sich eine klug abwägende Stimme für den Meister-
sänger. Im Jahre 1760 veröffentlichte ein ungenannter Gelehrter
'n Schwaben eine Ehrenrettung des Hans Sachs, worin er ihm An-
arkennung und gerechte Würdigung zu verschaffen sucht. Er weiß
ihn säuberlich von den Pritschmeistern zu trennen und Hans Sachsens
Verse eben als Verse des 16. Jahrhunderts zu beurteilen.®
Der Boden war also nach der literarhistorischen Seite ge-
i J, F.Löwens Schriften, 4. Th., Hamburg, 1766, 8. 7.
2 Der Verfasser schöpfte wahrscheinlich aus den oben (S. 131) er-
wähnten „Meister - Stücken“. Auch dort erscheint das gleiche unrichtige
Todesdatum (oben SS. 182).
3 Die Ehrenrettung erschien in der kleinen Sammlung „Müsige
Stunden in Stuttgart, Tübingen und auf dem Lande, Frankfurt und Leipzig,
1760“, S. 32—88. Das Büchlein enthält meist Dichtungen, daneben einige
literarische Betrachtungen. Über die Verfasser wird in der Vorrede bloß
gesagt: „Die Verfasser dieser Schriften sind Schwaben“, Der Freundlichkeit
Karl Geigers verdanke ich es, daß. ich das seltene Büchlein, das die K.
Yniversitäts-Bihbliothek in Tübingen besitzt (L. XIV. 11), benutzen konnte.