N
l.
ZU DEN KL. SCHRIFTEN DER BRÜDER GRIMM 171
Schatz und messer. Wenn das kind der mutterbrust nicht
mehr bedarf und entwöhnt wird, so nennt man es den ersten verlust
seines lebens, rührend ist es, wenn der tod die mutter von ihm schei-
det, noch ehe es das alter erreicht hat, wo es dieser nahrung entbeh-
ren kann. Auch hier trifft der tod des alten Martin in einem zeitpunkt
ein, wo der teilnehmende leser erwartet, dass er den kleinen Berthold
gleichsam grosssäugen soll zu den zu erwartenden grossen ereignissen
seines Jebens. Er allein scheint wie ein siegel vor dem testament von
Bertholds geschicke zu liegen und durch seinen tod scheint, wie durch
das verletzen des siegels, dieses testament ungültig gemacht. Die ge-
schichte lässt schnell gras drüber wachsen und beinah zu schnell breitet
sich ein üppig ergiebiger obst- und blumengarien über die stätte seines
todes aus. Die erzählung lässt sich hier durch die umstände etwas
drängen und reisst die im anfang so wolgeordneten dämme durch eine
überrumpelnde hochzeit etwas ein. Die versteigerung des gartens scheint
uns meisterhaft, der wahrheit im gemüt gleichsam abgestohlen ist es,
lass Berthold mit trockner fast erdrückter stimme seine fünf goldgül-
den bietet, durch diesen umstand an sich klein macht sich die tüch-
tigste eigenschaft des dichters sehr bemerkbar. Die erscheinung des
alten ist woltuend, wer mögte den geist seiner kinderjahre nicht gern
an einen ähnlichen schutzgeist ketten, überreich ist Berthold in diesen
verhältnissen und fürstlicher bedient wie anerkannte fürstenkinder. Das
widerfinden von traum, schatz, garten und haus, ist alles gut und ihm
gegönnt; dass er aber Apollonia auch gleich mit verschlingen will,
scheint etwas vorschnell. Die scene auf dem namensfest von Apollonia
im ganzen sehr gut, im einzelnen zu überhäuft; so könnte das eichhörn-
chen ganz wegbleiben, auch ist das gespräch von ritter und katzenritter
stwas verwirrt. Sehr glücklich und seiner geahndeten abkunft angemes-
sen zieht sich Berthold aus seiner verlegenheit, und sehr wahrhaft
tölpelt das bürgerliche wesen des herrn bürgermeisters dafür zur treppe
hinunter.
(Der bau.) Die erscheinung des baumeisters macht uns die ver-
bindung mit Fingerling und die abschiedsscene vom turme, welche
etwas unbequemes hat, bald vergessen; er spricht gut, man mögte
ihm noch länger zuhören, was er sagt ist aus dem geist, der dem
uch gewicht gibt. So versöhnt uns auch erst das angestimmte Gloria
mit der übereilung in der beschreibung vom wesen im nonnenkloster.
(Die hohe fremde und ihr ritter. Der sturm.) Bei der
erzählung der fürstin tritt die geschichte gleichsam aus einer engen
haft hervor und breitet sich aus wie die teppiche, die die hohe frau