26
frühe den Mühen und Leiden des Lebens zu erliegen ...
Allein die Art, wie unser Dichter gelitten und gerungen, die
Festigkeit, mit der er Stand gehalten in allen Lagen des
Lebens, um seine Sendung zu vollführen, darin findet sich die
Handhabe, ihn als Mann zu würdigen und als Vorbild
hinzustellen. ..
Wir sehen: das Schicksal stellt unsern Dichter von Jugend
an in eine bescheidene dunkle Tiefe des Lebens — und er —
er läßt seine Seele festen Schrittes den sonnigen Höhen des
Trefflichen entgegen wandern;
wir sehen: das Unglück verschlägt ihn bald und drohend
in die stürmende See des Lebens — er aber lächelt und hält
die Fahne des Schönen und Guten siegreich über den Wogen
empor;
Schiller wird vom Schicksal leiblich arm in's Leben gestellt
und er — bereichert die Welt dagegen mit geistigen Schätzen;
Schiller schmachtet frühe in den Fesseln tyrannischer Er—
ziehungsstrenge — und er — er wird Zum Lehrer der Liebe
und predigt im Kerker schon: der Mensch ist frei und wär' er
in Ketten geboren;
Schiller wird flüchtig und muß die theuere Heimath ver—
lassen — und er führt millionen trauernde Herzen in die Hei—
math schöner Ideale ein;
Schiller muß Zuflucht suchen und lange verborgen leben,
damit ihn die Hand der Tyrannei nicht erreiche — und er —
er ist rastlos thätig, die Menschheit aus der babylonischen Ge—
fangenschaft der Gewalt und Unwissenheit zu führen. —
Einmal flüchtet Schiller von Mannheim nach Frankfurt und auf
der Brücke über den Main ist's, wo er verlassen stehen bleibt und
traurig in die Fluthen des Stromes blickt — vielleicht mit
dem Gedanken: Da unten wäre mir wohler als oben gejagt