Volltext: Fünfzig Jahre Mitgliedschaft Nürnberg im Verband der Deutschen Buchdrucker

zu dieser Voraussetzung, denn, wenn öohr wirklich den Willen hättet, mit Erust und 
Ueberzeugung an das Werk zu gehen, so würde doch von Rürnberg irgend 
efwas verlauten, ein paar Seilen für den Gutenberg oder ein Brief. So aber 
laßt Ihr lieber gar nichts von Euch hören und denkt: „Laßt die nur machenl“ Aber 
Brüderl So leicht sind wir nicht abzuspeisen; wir geben so leicht keine Hoffnung 
auf, namentlich dann nicht, wenn wir es mit so wackeren Männern zu thun haben, 
vie es deren in Rürnberg nicht wenige giebt. Dich, lieber Freund Behr, trifft 
wirklich ein Vorwurf nicht ganz unverdient. Du kennst die Prinzipien des Bundes, 
Dir ist es nicht unbekannt, was derselbe will, wir waren miteinander ganz einver⸗ 
standen, daß aus den Bestrebungen des Bundes die speziellen Einmischungen 
in Lohn-, Lehrlings- und Arbeitswesen geschieden werden müßten, 
daß aber der Bund nichts destoweniger gerade das Mittel werden muß, zu der 
endlichen Erledigung dieser noch immer schwebenden Fragen zu gelangen; d. h.: 
In der großen Association bilden sich nach Bedürfniß Korporationen. Hie 
Association ist das Fundament der örtlichen Vereinigung oder Korporation; steht 
letztere vereinzelt da, so ist ihr Schicksal unvermeidlich dasselbe, welches München 
zu tragen hat, d. h. Vachbarstädte machen durch schnöde Konkurrenz alles noch so 
jobenswerthe Streben zu nichte und wir kommen nimmermehr zum Siel. Das Siel 
aber ist keineswegs nur Korporationsbildung; wir haben außerdem noch Vieles 
zu erringen, ehe die Hebung unseres geistigen und materiellen Wohles nur in der 
bescheidensten Form eine Wahrheit wird. Denket doch an die Hilflosigkeit eines 
reisenden oder alten Kollegen; ersterer ist heut zu Cage noch immer übler dran, 
als ein Schustergeselle. Ein solcher findet in Nord und Süd, die Stadt mag noch 
so klein Jein, eine Herberge und in derselben einen Kameraden, der sich um ihn küm— 
mert; er findet eine Aufnahme in die Kassen ohne Umstände und neues Einschreib— 
geld. Zum Glück ahmen jetzt an vielen Orten die gebildeten Buchdrucker das 
menschliche Thun der schlichten Handwerker nach; leider können wir dies von allen 
Kollegen im gesegneten Baiernlande nicht sagen, selbst in dem ehrwürdigen Nürn— 
berg, welches doch der heilige Christ der gesammten deutschen Kinderwelt ist, mit 
schönen und süßen Sachen, ist man so hählich und bitter, immer noch in 
dieser Hinsicht zu zögern. — Und dies nicht allein; unfre Kollegen in kleinen Städten 
sind völlig außzer Stande, sich vor Krankheit und Voth zu schützen, denn ihrer drei 
oder vier können doch keine Kassen bilden. Wenn Ihr nun aber nichts weiter mollt, 
als in den größeren Städten Korporationen bilden, so werden vielleicht die 
Arbeitsverhältnisse hie und da etwas bessere werden, aber für die nächste Zukunft 
ist hiemit gar nichts geschehen und wir können über lang oder kurz in die übeiste 
dage kommen, weil wir ja doch keineswegs darauf schwören können, ob wir in dem 
Ort, in welchem wir groß wurden, auch sterben. Es ist ja doch ein Factum, daß 
die Hälfte der Buchdrucker in Deutschland ein Wanderleben zu führen gezwungen 
ist. Haben wir endlich das Wesen des Gutenberg-Bundes begriffen, so fühlen wir 
die gewaltige innere Aufforderung, nicht zu säumen mit einem Chun, welches nur 
Seegen bringen kann, weil es ein edles, ein christliches ist. Wollten wir uns durch 
die feige Gespensterfurcht der Prinzipale in unserm Streben irre machen lassen, so 
wären wir eutweder dumme Buben, die über eine Lumperei ertappt: „Bitte, bitte, 
nicht wieder thun“ lamentieren oder wir müssen selbst gestehen, daß wir etwas Un— 
sinniges oder gar Verdrecherisches in der Dummheit ausüben wollten. Beides 
kann aber unmöglich bei uns eintreten, denn wir haben die Sympathie der edelsten 
Kollegen und Prinzipale für uns; nur die Selbstsucht und Schlauheit sind wider uns. 
Wenn ich Dir, lieber Behr, sagte, Du verdienst einen Vorwurf, so magst Du 
darüber nicht zu böse werden, wenn ich gestehe, daß dies wirklich mein Ernst ist. Du 
hast den Gutenberg und weißt, daß überall vom J. Januar ab allen Denjenigen das 
Viaticum verweigert wird, welche nicht mit dem Legitimationsbuche versehen sind. 
Wir wissen nicht, was wir denken sollen; von allen Ecken und Enden sind diese 
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