- 104 
wesen sein mag, dessen Wahl aber doch nur beweist, dass 
die Herren vom Rat über grössere oder geringe Bedeutung 
sines Humanisten noch nicht das geringste Urteil hatten. 
‘Nicht selten sind gerade die, welche sich für besonders 
weise halten, nichts weniger als weise’, so schreibt damals 
ein auswärtiger Freund des Celtis*) über die Herren der 
Nürnberger Regierung. Nichts charakteristischer denn 
auch als der Umstand, dass Celtis’ ‘Norimberga’, die den 
Nürnbergern alles Gute nachzurühmen weiss, nur nicht 
geradezu auf Kosten der Wahrheit, die Stellung der Obrig- 
keit zu Kunst und Wissenschaft völlig mit Stillschweigen 
übergeht. Was sollten diese Männer auch für ein Urteil 
über Celtis haben: berufen die Älteren des Rats in dem 
Dankbrief, den sie‘ ihm am 9. Juli 1495 für die Zueignung 
der ‘Norimberga’ schreiben, sich doch nur auf die ‘des lateins 
ver/tendigen’ ?); sie selbst verstehen kein Latein, und die 
Verdeutschungsarbeit übertragen sie dem Georg Alt, der 
zwar zu den Humanisten sich rechnete, aber bei der Über- 
tragung zu des Autors nicht geringem Ärger die schlimmsten 
Donatschnitzer sich zu Schulden kommen liess®). Und 
als Celtis endlich nach langem Mühen auch eine klingende 
Belohnung für seine Arbeit durchsetzt, da speist man ihn. 
1) Hartmann 8. 64. 
2) id. S, 34 f£. 
3) Celtes, Fünf Bücher Epigramme her. v. Hartfelder (1881) 8. 58. 
Georg Alt hat ausserdem bekanntlich H. Schedels Weltchronik, und, 
was kaum beachtet zu sein scheint, den ‘“Processus Satanae’ in der 
angeblich von Bartolus herrührenden dritten Version als eine juristisch 
interessante und “zw andacht reitzende mater” ins Deutsche übertragen. 
Vgl. Stintzing, Geschichte der populären Litteratur des römisch-kano- 
nischen Rechts in Deutschland (1867) S.270f, Alts Übersetzerthätigkeit 
verdiente um so mehr einınal eine besondere stilgeschichtliche Unter- 
suchung, als er in der Vorrede zu dem deutschen Satansprozess (s. 1. 
8, a, = 1493) über seine Arbeitsweise eine nicht uninteressante Be- 
merkung macht.