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20 II. Die Festtage 6—
„Gefahr offener zu Tage lag. Frisch und trotzig klingt das
Lied, womit er des Kaisers Feldzug in Frankreich im Jahre 1536
begleitet. Der Ton „unverkennbarer nationaler Erregung“
geht durch dieses Lied, das wie so manche andere völlig in
der Weise des VWolksliedes gedichtet ist. Den Kriegszug
Kaiser Karls V. in Frankreich vom Jahre 1544 schildert er mit
einer Anteilnahme und Lebendigkeit, daß man sogar glauben
onnte, er sei dabei gewesen.
Auch die Feinde im Innern, welche den Bestand des
Reiches gefährden und untergraben, und die äußeren Feinde
ermuntern und stärken, erkennt er mit klarem Blicke und
zieht gegen sie zu Felde. Zwietracht und Zerrüttung, Macht—
gelüste und Ländergier bei Kaiser, Fürsten und Adel, Un—
ordnung und Gewaltthat zehren an dem Mark des Reiches
und des Volkes. Der Eigennutz verschlingt den Gemeinnutz,
der, aus allen Landen vertrieben, mit Wunden bedeckt und zu
Tode ermattet, in einer finsteren Höhle sein Ende erwartet.
Wenn hier die Götter und insbesondere der Götterarzt Aesculap
nicht helfend eingreifen, so ist das Reich verloren. Das
Evangelium klagt über die Lauigkeit der Menschen, die es
nur im Munde führen und dann verleugnen, die in falscher
Sicherheit leben, als sei die Hölle zergangen, der Teufel ge—
storben und das strenge Gericht aufgehoben. Es hat seine
Stimme schier heiser geschrien, aber die Menschen hören nicht
auf seinen Ruf, es wird nur verachtet und verlacht. Die
Theologie bricht in Jammerklagen aus über die Zwietracht
der Sophisten, über den Widerspruch ihrer Anhänger, die das
Evangelium mißhandelnu, die Schrift mißbrauchen, während die
Laien es als Deckmantel ihrer Leidenschaften und Laster verwenden.
Das Gedicht enthält einige geradezu großartige Stellen:
Etlicher nahm ein Laus
Und macht ein Kamel draus,
Ein ander säuget Mucken,
Thät doch Kamel verschlucken,“