Volltext: Versuch einer grammatischen Darstellung der Sprache des Hans Sachs (1. Theil)

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eigene, gröfsere Freiheit in der Behandlung der unbetonten Vor- und 
Nachsilben, sich steigernd mit dem nun folgenden Verfall der Sprache 
bis zu völliger Willkür, bei der allerdings das Streben nach Kürzung 
und Tilgung von Endsilben vorherrschend ist (am wenigsten noch 
im Mitteld.; daher bei Luther jener weise, durch den Tonfall be- 
dingte Wechsel von längeren und kürzeren Formen). Auch H.S. 
geht oft der Silben zählenden Verskunst zuliebe, selbst auf Kosten des 
Wohllautes und Verständnisses, grausam mit den unbetonten Vocalen 
und mit ganzen Silben um, und was er in seinen Meistergesängen 
als Fehler scheuen musste (als Klebsilben, halbe Worte, gezwungene 
Reime oder Milben, „ein dreisilbing wort in ein silben drungen“; 
vd, Hertel a. a. O. 25 ff.), brauchte er in den Spruchdichtungen 
ungescheut. 
Es genügt, einige treffende Beispiele davon vorzuführen, so- 
weit sie in Vergleich mit der heutigen, durch den Wohlklang be- 
stimmten Sprechweise Auffallendes bieten, mit Ausschluss dessen, 
was zur Lehre von den Consonanten und der Flexion gehört. 
22, 1) Verkürzung des einzelnen Wortes durch Syncope und 
Apocope und deren Folgen: [Für den fast ausnahmslosen Abfall 
des e, wie in ein = eine, bedarf es besonderer Beispiele nicht] — 
bleibn, bubn, lebndig (IT 66, zugleich für die Betonung dieses Wortes 
bedeutsam, wiewohl II 68, 101 lebendig; Schm.I 1408; schon mhd. 
lemptic, lemtie), stubn (wahrscheinlich nach unsrer volkstümlichen 
Aussprache: buhm ete.); lauffn; arbeytn, reytn, schneidn, woltn; 
sitzn u. ä.; fegn, gsegW (wol gn wie ng, wofür die unten folgenden 
Bsp. sprechen); begern, wern (= mhd.), erklern u. drgl. — mayr; 
zyawr, sawr:schawr (IT 47), stewr (häufiger mit dem späteren , un- 
organischen e); tempriert, kamrfensir, einr, meinr u. ä. — wiertl, 
scharmützin, stiefl — hetst, seufftzst; — gmacht, gfressen, gsell, 
gschech, ghuncken (kalter — ghalter), gwunnen; bgert, bschawt, 
bscheissen , bschleust („Klebsilben“, auch mhd. zuweilen) etc.; — 
ein, sein etc, (= einen etc.), jen (jenen II 4), bübin, pewrin 
(Pl.), gülden, mardern (goldenen, mardernen) u. a., verprenn; ewer, 
unser etc, (eurer, unserer etc.); haist; bindt, findt, fint, find (findet), 
hefft (heftet), gemelt, gearbeit, redt, schneidt, spotten (Praet,), wart 
(wartet), wert (werdet); — eim, keim, seim etc. (auch mhd., und in 
der heutigen Mundart mein, dein etc. mit Wegfall der Casusunter- 
scheidung), geschworem (II 1831 S); fröling, höfling, lausing, ney- 
S,
	        
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