296 B. Besonderer Teil. YILIE Missetaten wider Obrigkeit u. Gemeinwesen.
unerbittlich gegen seine eignen Genossen, so ist auch die Zahl
derer nicht unbedeutend, welche wegen andrer Verbrechen im
\mte Richtung, Einmauerung, Verbannung oder wenigstens Ab-
setzung erfuhren. Nur weniger, die besonders unser Interesse er-
wecken, sei hier gedacht.
Zu jenen zählt von solchen, welche sich als ungetreue Ver-
walter der ihnen anvertrauten Stadtgelder dokumentierten. vor
allem die Persönlichkeit Muffels. Die Akten über diesen allgemein
bekannten Fall, der so viele Besprechungen, wie auch verzweifelte
Ehrenretiungsversuche hervorgerufen, sind als weschlossen zu be-
irachten, das Dunkel, in das er immerhin noch gehüllt erscheint,
dürfte keinerlei Aufhellung mehr zu gewärtigen haben. Die Tat-
sache seiner Schuld, in deren Mittelpunkt die Entwendung des
Losungsgeldes figuriert, ist kaum wohl anzuzweifeln. Sollte auch
die Tortur sein Geständnis beeinflulst haben, die Aussage der
Schreiber, wie überhaupt der Bericht über die Vorfällle in der
Losungsstube nicht völlig der Wirklichkeit entsprechen, so kann doch
die Bitte Muffels an seinen Beichtvater kurz vor der Richtung
— er sollte die Erben zum Ersatz des fehlenden Losungsgeldes
veranlassen —-, nur als Ausflufs eines wahren Schuldbewulstseins
gedeutet werden. Kurz vorher -- bei der Abhaltung des Hals-
gerichts im Rathaussaal — beharrt er noch darauf, dafs lediglich
die Folter sein Bekenntnis erpreist. Er unternimmt noch einen
Rettungsversuch, wiewohl er sich doch bewulst sein mufs, dafs er
durch die vor Bannrichter und Lochschöffen sine tortura abgeleistete
letzte Urgicht sein Todesurteil bereits völlig vollzugsreif gestaltete.
In diesem wird vornehmlich auf den Eidbruch Muffels hingewiesen,
indem er ja bei Antritt des Losungsamtes geschworen „das Er
von dem Gelt gemeiner Stat zugehörig nichts entlehnen, verschenken,
verendern oder durch einicherley weg, wie der erdacht werden
möchte, Ime selbsten oder andern nicht zuwenden oder zuaigen
wölle‘*.
Weniger erklärlich ist das Gebahren des Rates. Nachdem
lie Augenzeugen der Entwendung den obersten Hauptleuten den
„kümmerlichen“ Fall zur Anzeige gebracht, wird ihnen äufßserstes
Stillschweigen auferlegt und man zaudert neun Monate mit der
Vornahme der Verhaftung. Warum wohl? Muffel ist mit der
Mehrzahl der Ratsgenossen nahe versippt. Hat er auch dureh
sein hochmütiges Benehmen die Zuneigung aller sicher länest