Goetze, Wappen der Meistersänger. 285
ebenfalls dort gedruckten Buche ist — das Görlitzer Stadt-
wappen, das nach Ausweis des im städtischen Archiv noch
jetzt vorhandenen Wappenbriefes Karl V. der alten Sechsstadt
verlieh. (Vgl. Neumann, Gesch. von Görlitz, 1850 8. 83.) Bei
meiner neulichen Anwesenheit in Görlitz ist es mir vergönnt
gewesen, die in Genua am 2. Oct. 1536 vom Kaiser selbst aus-
gefertigte Urkunde, die sogen. Görlitzer goldene Bulle, einzu-
sehen und mit der oben gegebenen Beschreibung zu vergleichen.
Da ist derselbe complicierte Wappenschild mit dem Schild-
lein in der Mitte, da dieselben Figuren, zweimal der Adler
des heil. Röm. Reiches und zweimal der böhmische Löwe, alle
an der Stelle, wie Wagenseil sie angibt; hier wie dort springt
über dem Helm der böhmische Löwe hervor; die Federn des
Flügels sind mit goldnen Herzen übersät — eine derartige
UVebereinstimmung selbst bis in Einzelheiten hinein lässt sich
anmöglich auf das Spiel eines Zufalls zurückführen.
Die wenigen Abweichungen dagegen fallen durchaus nicht
ins Gewicht. Es sind folgende:
Der zweiköpfige Adler hat in der Stiftungsurkunde weder
rothe Zunge noch rothen Schnabel, noch ist er bewaffnet, eben-
sowenig wie der böhmische Löwe; das Schildlein in der Mitte
ist roth und dient der kaiserlichen Krone zum Hintergrunde;
der Flug endlich über dem grossen Schilde ist einfach und roth,
nicht wie in Wagenseils Beschreibung schwarz und doppelt.
Die Verschiedenheiten sind, wie man sieht, wenn man
nicht den strengen heraldischen Massstab anlegt, von geringem
Belange. Ich vermuthe nun, dass Wagenseil ein Exemplar des
Puschmanschen Berichtes hat benutzen können, in welchem
das betr. Wappen coloriert ‚war, wie ja das ausmalen von
Holzschnitten und Kupferstichen in älterer Zeit so beliebt war. *
Wahrscheinlich haben die Dedicationsexemplare, auf die
ja jetzt noch, wenngleich in anderer Weise, ein gewisser Luxus
* In dem einzig übrigen Exemplare der Puschmanschen Comedia,
welches die Grossherz. Bibliothek in Weimar besitzt, findet sich auf
dem Titelblatte die Scene aus dem Leben Josephs, die durch das be-
kannte farbenprächtige Bild Cignanis der Dresdner Gallerie verherrlicht
wird, in Holzschnitt vor. Darauf sind die Kleider der beiden Personen,
die Vorhänge und Theile des Zimmers roth ausgemalt.
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