Full text: Albrecht Dürer

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In 
Herkules in dem Blatte entdecken, welches jetzt auf den Namen: 
Raub der Amymone (B. 71) geht. In dem wohlbeleibten alten Türken, 
welcher hilflos am Ufer des breiten Stromes hin und her läuft, 
während am jenseitigen Ufer Deianira gemütlich in den Armen eines 
Flussgottes ruht, Herkules zu erkennen, kostet freilich grosse Mühe. 
Schliesslich ist die Verballhornung der Szene nicht grösser, als auf 
vielen Bildern des sechzehnten Jahrhunderts, welche Paris’ Urteil 
schildern. 
An künstlerischem Werte büssen die Blätter übrigens durch 
das Geheimnisvolle des Gegenstandes nur wenig cin. Der nackte 
Leib der sogenannten Amymone, welche von einem bärtigen Meeres- 
gott an das Ufer getragen wird, zeigt ebenso wie die Frauen auf 
dem Herkulesstiche in der Behandlung des Fleisches, in der Wahl 
der Formen grosse Fortschritte, nicht minder erfreulich wirken die 
landschaftlichen Hintergründe, dort das auf steilem Felsen sich auf- 
bauende Schloss, hier die dichte Baumgruppe, in deren Schatten 
das von dem eifersüchtigen Weibe angegriffene LIicbespaar sich 
yelagert hatte. Es weht in der landschaftlichen Schilderung ein 
malerischer Hauch, während die Figuren mehr flach, in gleich- 
mässigem Lichte gezeichnet erscheinen. 
Weder die blosse Marktwarc, noch die einem engeren Kreise 
von Eingeweihten allein verständlichen mythologisch-allegorischen 
Blätter verbrauchten Dürers Kraft und genügten ihm auf die Dauer. 
Er besass von Natur einen so erfinderischen Kopf, dass ihn die 
Wiedergabe gleichgültiger, unbedeutender Gegenstände und Vor- 
zänge nicht völlig befriedigen konnte, und andererseits empfand er 
zu innig und natürlich, als dass ihm die mythologisch-allegorischen 
Szenen vollkommene Befriedigung verschafft hätten, zumal wenn sie 
auf äussere Anregungen hin durch den Verkehr mit Humanisten 
antstanden waren. Sie erfreuten ihn vorwiegend, weil sie seiner 
Liebe zu landschaftlichen Schilderungen und seinem Streben, die 
menschlichen Körper gesetzmässig zu formen, bequemen Ausdruck 
zönnten. Wenn die gelchrten Freunde ihm die Verkörperung 
mythisch-allegorischer Szenen, historischer Sinnbilder empfahlen und 
zum kühnen Beschreiten des neuen Weges aufmunterten, war Dürer 
zewiss willig, ihrem Rate zu folgen. Steckte doch in ihm selbst 
von früh an ein Hang zur Gelchrsamkeit, und musste cs seinen 
arfinderischen Sinn reizen, sich an neuen, gedankenreichen Schil- 
derungen zu versuchen. Wir meinen aber, wir könnten ihn bei 
Jer Arbeit belauschen. wie er allmählich seinen Standpunkt zu den 
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