römisch-rechtlichen Weisheit auf das Prozessverfahren kaun
einen praktischen Einfluss gestattete, sondern nur gelehrte
Gutachten einforderte, die zunächst als Prunkstücke dienten
und ferner in den ‘Ratschlagbüchern’ als eine Quelle künf-
tiger Rechtsbelehrung gesammelt wurden. Noch deutlicher
aber zeigt sich die Absicht, die Persönlichkeiten der Herren
Doktoren, die zugleich die Träger aller möglichen gefähr-
lichen Gedanken sein konnten, der innernürnbergischen
Regierungspraxis möglichst fern zu halten, in der Satzung
der Ratsverfassung, dass kein Doktor im Rat sitzen dürfe.
Diese Bestimmung, die im Jahre 1454 schon in Kraft ist",
verhindert das Eindringen fremder Elemente und benimmt
zunächst auch den Söhnen der regierenden Geschlechter
die etwa vorhandene Lust, sich der fremdländischen Bildung
hinzugeben, als deren höchster Preis vorerst noch der
Juristische Doktorhut winkte. "Trotz solcher Vorsichts-
massregeln aber hat, wie mir scheint, durch diese juristische
Bresche in der konservativen Ringmauer der Humanismus
zuerst seinen Kopf in die Stadt gesteckt und durch sie
dann später ganz und gar seinen Einzug gehalten. Denn
das Gesamtbild ist das: früh schon taucht hier und da eine
Spur der neuen Lehre auch in Nürnberg auf. Aber es
bleibt bei vereinzelten, meist rasch verunglückten Be-
strebungen, Nichtnürnberger sind fast ausschliesslich ihre
Träger. Das Problem heisst durchaus: der Rat muss ge-
wonnen werden, erst dann kann die neue Bildung in Nürn-
berg heimisch werden, erst dann kann von der Reception
des Humanismus in Nürnberg die Rede sein. Absichtlich
wähle ich diesen Ausdruck ‘Reception’ statt des deutschen
1) S. den Brief des Joh. Rot bei Joachimsohn, Gregor Heimburg
(Bamberg 1891), S, 314. Ein Versuch, mit Hilfe der Archivalien des
Kgl. Kreisarchivs das Jahr zu ermitteln, in dem jene Verordnung er-
lassen wurde, ist nach gefälliger Mitteilung der Direktion ergebnislos
veblieben.