Volltext: Saecular-Feier der Naturhistorischen Gesellschaft in Nürnberg

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gegeben hat, ist in sofern natürlich, als nicht wohl angenommen werden 
kann, dafs sich erst gerade beim Siedepunkt die, entschieden von der 
Entfernung der Teilchen abhängige, Anziehung einstellt, sondern dafs sie 
schon im Gaszustand, allerdings wegen der gröfseren Entfernung der Teilchen 
von einander, in geringerem Mafse, vorhanden war. Hierin liegt auch 
sofort der Grund, warum z. B. Wasserstoff die Abweichung vom Boyle’schen 
Gesetz nicht zeigt. Der Wasserstoff hat eben ein sehr kleines Molekular- 
zewicht und daher entsprechend geringe Anziehung der Teilchen, was zur 
Folge hat, dafs der, auch beim Wasserstoff vorhandene Überdruck, durch 
die Versuchsfehler unkenntlich wird. Umgekehrt weisen Gase mit grofsem 
Molekulargewicht, also entsprechend grofser Anziehung, sehr grofse Ab- 
weichungen vom Gesetze auf. So ergeben sich nach Ostwald*), wenn die 
den Forderungen des Gesetzes nahezu entsprechende Luft als Einheit 
gewählt wird, für nachstehende Gase beim Zusammendrücken folgende 
Volumina: 
Druck in Atmosphären 
CO2 NzO CiHsa CHa 
5 0.989 0-:983 0-986 0-992 
io 0.965 0-:956 0-972 0-981 
20 0.919 0.896 0-955 0.956 
10 0.739 0.732 0:919 0.940 
Molekulargewicht 44 44 28 16 
Aus dieser Zusammenstellung geht hervor, dafs mit Zunahme des 
Molekulargewichtes, die Abweichung vom Gesetze steigt, und das deckt 
sich bei der für Gase gleichen Entfernung der Teilchen, mit der Annahme, 
dafs Anziehung der Teilchen die Ursache der Unregelmäfsigkeit ist. 
Vor allem ist die Gleichheit der Abweichung bei den in der Molekel 
gleich schweren Gasen CO2 und N2O sehr bezeichnend, wie auch die 
Reihenfolge der Werte für die Richtigkeit der Behauptung spricht. 
Je mehr sich die Teilchen durch äufseren Druck einander nähern, 
desto mehr Energie wird von der Anziehung überwunden, und desto 
geringer wird der nach aufsen hin bemerkbare Druck. Kommt nun der 
Moment, wo die Anziehung, zusammen mit dem Druck von aufsen her, 
gerade ausreicht, um der kinetischen Energie der Teilchen, und dem dadurch 
verursachten Druck von innen nach aufsen, das Gleichgewicht zu halten, 
30 beginnt die Verflüssigung. Ist dabei die Temperatur niedrig genug, 
50 benötigt die Flüssigkeit sogar den Druck von aufsen gar nicht mehr, 
and der Binnendruck allein genügt. den neuen Aggregatzustand aufrecht 
zu erhalten. 
Die Verflüssigung selbst vollzieht sich auf einmal und ganz unvermittelt, 
bei bestimmtem Druck und bestimmter Temperatur, und diese Thatsache 
besagt, dafs ein ganz bestimmtes Anziehungsmoment und der damit ver- 
undene Binnendruck gerade genügt, Flüssigkeit zu erzeugen. Ein höherer 
*ı Ostwald Lehrbuch 2 Aufl. Bd. I St. 143.
	        
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