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Als zweiter sei Fechner genannt, der ein einschlägiges Thema unter
dem Titel: Ȇber die Anwendung des Gravitationsgesetzes auf die Atom-
lehre«*) behandelte.
In den sechziger Jahren trat alsdann Maumene€ mit einer allgemeinen
Theorie der chemischen Wirkungen hervor, die auf gleicher Grundlage ruht.
Noch neueren Datums und sehr wichtig, wegen der wohl erstmaligen
Verbindung von mathematischer und experimenteller Forschung auf diesem
Gebiet, ist eine Arbeit von Galitzine über die Wirkungsweite der Molekular-
<räfte.**) Dieser Forscher kam rechnerisch zu dem Resultat, dafs die
Molekeln sich lediglich nach dem Gravitationsgesetz anziehen.
Aus den allerletzten Jahren ist noch eine Arbeit von Raoul Pictet zu
arwähnen, in welcher der Satz aufgestellt wird, dafs alle physikalischen
und chemischen Erscheinungen aus einem Konflikt zwischen der Anziehung
von Materie zu Materie und der Anziehung von Materie zum Weltäther
resultieren, die Anziehung der Materie unter sich aber dem Massenanzieh-
ıngsgesetz von Newton gehorche***),
Dieses häufige Hervortreten der gleichen Idee muis wohl zu der
Frage verleiten: Warum wurde trotz des grofsen Aufwandes an Arbeit
nichts wirklich Bahnbrechendes mit dieser Idee geleistet? Jedenfalls wäre
es voreilig, daraus den Schlufs zu ziehen, dafs die Hypothese falsch sei,
denn es lassen sich sehr wohl Gründe angeben, welche die vielen Mifs-
srfolge erklärlich machen. Als ein Hauptgrund kommt hier wohl der Um-
stand in Betracht, dafs die Forschungsgebiete Physik und Chemie zu streng
getrennt behandelt wurden, und dafs mit der Vorherrschaft der sogen.
organischen Chemie Fragen über die Affinität für lange Zeit nahezu gänz-
ich vernachlässigt wurden.
Im Folgenden soll nun nochmals versucht werden, die Massenanzieh-
ıng zur Erklärung der Wechselwirkungen zwischen den Molekeln, als auch
len Atomen unter sich zu benützen und damit Physik und Chemie zu
‚erbinden. Die gestellte Aufgabe läfst sich in folgendem Satz zusammen-
Passen:
Atome und Molekeln ziehen sich nach dem Newton’schen
Massenanziehungsgesetz an, und ist diese Anziehung eine der
Jrsachen der physikalischen und chemischen Erscheinungen.
Ist ein derartiger Gedanke auch an sich naheliegend, so verlangt doch
gerade die heute mehr und mehr zu Tage tretende energetische Natur-
anschauung eine allgemeine Betrachtung dieses auf statischer Grundlage
‚uhenden Satzes. Jede Masse, ob sie nun einen Himmelskörper darstellt
oder ob sie nur ein Teil unseres Planeten ist, hat das gesetzmäfsig ge-
regelte Bestreben. auf alle übrigen Materien Anziehung auszuüben. welche
*) Kastn. Archiv. 15.257.
*#) Z. P. 4. 417—426.
**) A. Gen. 28. 397—517. 929. 5