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Gesundheitswesen und Jugendpflege
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keit zwischen Polizeidirektion und Stadtrat Ende des Jahres 1923 die Angelegenheiten der Gesund—
heits- Veterinär- und Nahrungsmittelpolizei beim Stadtrat verblieben, konnte die Ausgestaltung des
Gesundheitswesens in Nürnberg durch Zusammenfassung aller gesundheitlichen Aufgaben erfolgen.
Während früher die amtliche Tätigkeit auf dem Gebiete des Gesundheitswesens hauptsächlich vom
Ztandpunkte der Gesundheitspolizei ausging, trat seit Gründung des Gesundheitsamtes mehr und
mehr der Fürsorgegedanke und die vorbeugende Gesundheitspflege in den Vordergrund der Be—
strebungen. Arztlicher Leiter des Gesundheitsamtes ist der 1. Bezirksarzt der Stadt Nürnberg, die
administrative Leitung der Geschäfte liegt in den Händen des Referenten für das Gesundheitswesen.
Die Aufgaben des Gesundheitsamtes sind folgende: 1. Die Maßnahmen der
öffentlichen Gesundheitspflege (Bekämpfung der gemeingefährlichen, übertragbaren und ansteckenden
Krankheiten, Impfwesen, Aufsicht über den Handel mit Arzneimitteln, Geheimmitteln und Giften,
Desinfektionswesen (Desinfektionsanstalt), Schädlingsbekämpfung, Durchgasungen, Hygiene in bezug
auf Gebäude, Brunnen und Ställe, gesundheitliche Belästigungen durch Gewerbebetriebe, Rauch, Ruß,
Gase, Unratlagerungen), 2. die gewerbepolizeilichen Angelegenheiten des Medizinalwesens (GArzte-,
Apotheken-, Hebammen-, Heilkundigenwesen, private Entbindungsanstalten, Untersuchungs— und
Krankenanstalten), 3. die Städtische Untersuchungsanstalt für Nahrungs- und Genußmittel, 4. die
Nahrungsmittelpolizei (auch die animalische, jedoch ohne die Angelegenheiten, die den Schlachthof und
Viehhof betreffen), 5. die bakteriologische Untersuchungsanstalt, 6. das Städtische Krankenhaus und
die Heilstätte Engelthal, 7. die Tuberkulosen-, Geschlechtskranken-, Trinker— und Irrenfürsorge, 8. die
Fürsorge für Krüppel, Blinde und Taubstumme, 9. der Rettungsdienst, 10. die Angelegenheit des
Roten Kreuzes, der Freiwilligen Sanitätskolonne und des Arbeitersamariterbundes, 11. die Ver—
mittlung von Haus-, Kranken-, Wochenbett- und Säuglingspflegepersonen, 12. die hygienische Volks—
belehrung, 13. die Angelegenheiten des ärztlichen Dienstes an den Volkshauptschulen und Fort—
bildungsschulen einschließlich der Schulzahnklinik, 14. die ärztliche Auswahl der Kinder für Er—
holungsmaßnahmen.
Geschästsstelle des Städtischen Gesundheitsamtes. Ihr obliegt in engster Zusammenarbeit mit
den Bezirksärzten der Vollzug der Aufgaben auf dem Gebiete des Gesundheitswesens, soweit nicht
selbständige Anstalten und Einrichtungen in Frage kommen. Sie steht in dauernder Verbindung und
Zusammenarbeit mit den in Nürnberg vorhandenen Fürsorgestellen, Anstalten, Vereinen, Verbänden
und Körperschaften, die sich gesundheitlichen Aufgaben widmen und bildet gewissermaßen eine ver—
waltungstechnische Zentrale der Stadt auf gesundheitlichem Gebiete. Die Geschäftsstelle des Gesund—
zeitsamtes ist mit 18 Verwaltungsbeamten besetzt, von denen 2 für die Bezirksärzte, 2 für den
Außendienst, 3 für die Auswahl der Kinder für Erholungsmaßnahmen und für schulärztliche Hilfs—
dienste, 1 für die Nahrungsmittelpolizei verwendet sind.
Gemeingefährliche Krankheiten. Im Berichtsjahre ereignete sich ein Milzbrandfall. Ein in
einem Häutelager beschäftigter 66 Jahre alter Magazinier, der Arbeiten an Rohfellen zu verrichten
hatte, wurde von einem Insekt gestochen. Nach den klinischen Feststellungen wurde Milzbrand—⸗
erkrankung angenommen; bakteriologisch konnte Milzbrand nicht nachgewiesen werden. Der Erkrankte
st 6 Tage nach dem Insektenstich im Krankenhaus verstorben.
Impfwesen. Die ordentliche Schutzpockenimpfung für Erst- und Wiederimpflinge wurde in der
Zeit vom 3. Mai bis 5. Juli durchgeführt, und zwar an 19 Tagen in 51 verschiedenen Impflokalen.
Zur Impfnachschau wurde die gleiche Anzahl von Terminen anberaumt. Für Impflinge, die wegen
Erkrankung oder aus sonstigen Hinderungsgründen der ordentlichen öffentlichen Impfung fernbleiben
mußten, ist am 22., 28. und 24. September ein außerordentlicher Impftermin abgehalten worden, von
welchem in 322 Fällen Gebrauch gemacht wurde. Insgesamt wurden 12327 Kinder zur Impfung
gebracht; an der öffentlichen Impfung nahmen 11102 Kinder (4273 Erstimpflinge, 6829 Wieder—
impflinge) teil, bei Privatärzten unterzogen sich der Impfung 1225 Kinder (1199 Erstimpflinge,
26 Wiederimpflinge).
Ubertragbare und ansteckende Krankheiten. Im Berichtsjahre wurden auf Grund der Ministe—
rial-Bekanntmachung vom 9. Mai 1911 über die Bekämpfung der übertragbaren Krankheiten dem Ge—
sundheitsamt folgende Fälle gemeldet: Diphtherie 80, Genickstarre 8, Kindbettfieber 53, Kinder—
lähmung 3, Krätze 227, Paratyphus 28, Ruhr, 33, Scharlach 411, Trichinose J, Typhus 28: in