Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1925/26 (1. April 1925 bis 31. März 1926) (1925/26 (1926))

Denkwürdige Vorfälle. 
Das Gedächtnismal wurde nach dem Entwurf des Architekten Fritz Mayer und des 
Bildhauers Hans Albert in Nürnberg ausgeführt. Es befindet sich in der Mitte der Süd— 
wand der Katharinenkirche — gegenüber der Gedächtnistafel des Arbeitersängerbundes — 
und stellt einen Reiter dar, dessen ernste Miene verkündet, daß sich seine Gedanken noch mit 
den Schreckenszeiten des Krieges beschäftigen und in ernster stummer Trauer auf das große 
Heer der gefallenen Sangesbrüder richten. In der Linken hält er das Symbol des Gesanges, 
die Lyra, in der Rechten den Zügel seines Pferdes, das gesenkten Kopfes mit seinem Herrn 
mitzutrauern scheint. Das erhobene Haupt des Reiters aber scheint hoffnungsvoll in die 
Zukunft zu blicken. Das Denkmal selbst ist aus Untersberger Marmor, leicht überpoliert. 
Die Inschrift auf dem Sockel lautet: „Der Deutsche Sängerbund seinen im Weltkrieg 1914/ 18 
gefallenen Brüdern“. 
23. Oktober 1925. Einweihung des Wichernhauses in Altdorf. Nach umfang⸗ 
reichen Um⸗ und Einbauten in das ehemalige Lehrerseminar in Altdorf fand Sonntag, den 
25. Oktober, die feierliche Einweihung des Wichernhauses statt. Das altehrwürdige Gebäude 
der ehemaligen Universität Altdorf, in dem in den letzten hundert Jahren das Lehrerseminar 
untergebracht war, hat eine neue Bestimmung erhalten. Es wird von nun an „Wichernhaus“ 
heißen — nach dem Gründer der deutschen Krüppelfürsorge, Pfarrer Wichern — und als eine 
Versorgungsanstalt für Krüppel beiderlei Geschlechts dienen. Die Durchführung dieses Unter— 
nehmens erfolgte durch den evangelischen Landesverein für innere Mission in Bayern r. o. Rh. 
Sitz Nürnberg), der das riesige Gebäude, das seit der Auflösung des Seminars im Mai 1924 
unbenützt dastand, vom bayerischen Staat auf 30 Jahre gepachtet hat. In dem Altoorfer 
Wichernhaus finden Krüppel beiderlei Geschlechts in jedem Lebensalter, soweit sie geistig 
normal sind, Aufnahme, auch dann, wenn sie bis zu 100 Prozent pflegebedürftig sind. Eine 
Hauptaufgabe erblickt die Altdorfer Anstalt auch darin, die armen Krüppel trotz ihrer 
Gebrechlichkeit zu brauchbaren Gliedern der menschlichen Gesellschaft zu erziehen durch 
Erteilung von Elementar⸗ und Werkunterricht sowie durch die Ausbildung zu beruflicher 
Tätigkeit. Sie will aber auch eine sogenannte vorbeugende Krüppelfürsorge ausüben, um bei 
gebrechlichen Kindern und Jugenodlichen eine Ausbreitung der beginnenden Gebrechlichkeit durch 
fachärztliche Spezialbehandlung tunlichst zu verhindern. Auch dem Schulunterricht krüppel⸗ 
hafter Pfleglinge, den es bisher in Bayern — bei schwereren Fällen — so gut wie gar nicht 
gab, will sich die Anstalt wiomen. Mitte November 1925 wurde das Wichernhaus dem 
Betrieb übergeben. 
26. und 27. Oktober 1925. Besuch des bayerischen Innenministers in 
KAürnberg. Am Montag, den 26. Okttober, vormittag, hat Staatsminister des Innern 
Dr. Stützel in Begleitung des Regierungspräsidenten, Staatsrat Dr. Huber, und des Polizeidirektors 
Gareis, der Stadt Nürnberg einen offiziellen Besuch abgestattet. Bürgermeister Treu begrüßte 
in Abwesenheit des Oberbürgermeisters den Staatsminister im Sitzungssaale des Amtsgebäudes 
am Fünferplatz und stellte ihm die Referenten des Stadtrats, die Mitglieder des Äültesten⸗ 
Ausschusses sowie die leitenden Beamten der städtischen Verwaltung vor. Er sprach dem 
Staatsminister den Dank der Stadt aus für seinen Besuch und bat ihn, der Stadt Nürnberg 
das seither bewiesene Wohlwollen auf den verschiedenen Gebieten, insbesondere auf dem 
Gebiete des Wohnungsbaues und des Siedlungswesens, auch in Zukunft zu erhalten. Sodann 
kam er auf den Entwurf des neuen Gemeindegesetzes zu sprechen und hob hervor, daß dieser 
Entwurf leider das Vertrauen zum Selbstverwaltungskörper vermissen lasse. Es sei zwar 
nicht die Absicht der Stäoͤte, sich der Staatsaufsicht zu entziehen, aber im Interesse der 
Bewegungsfreiheit und Entwicklungsmöglichkeit müsse doch ein Unterschied zwischen größeren 
Städten und kleineren Gemeinden gemacht werden. Die Eingemeindungsfragen hätten ebenfalls 
nicht immer das Entgegenkommen gefunden, das die Städte unbedingt benötigten. Die
	        
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