Soziale Fürsorge
b. Milchzentrale.
Allgemeines. Die gesamte Erfassung und Herbeischaffung der Milch liegt zwar formell
in Händen der Milchverteilungsstelle, die praktische Ausführung jedoch obliegt der Milchzentrale.
Es besteht kein Zweifel mehr darüber, daß eine Milchzentralisation nur dann Erfolg hat, wenn
auch Einrichtungen bestehen, in welchen die eingehende Milch vor der Ausgabe entsprechend
behandelt werden kann. Von der im FJahre 1919 eingegangenen Milchmenge wurden ca. 7096
bei der Milchzentrale angeliefert, behandelt und ausgegeben, während die übrigen 30096 in der
Genossenschaftsmolkerei unter Aufsicht der Milchverteilungsstelle behandelt wurden. Die Land⸗
straßenmilch wurde bei der Milchzentrale angeliefert, weil gerade diese Milch als offene Klein⸗
kindermilch zur Ausgabe gelangte. Die Beschaffenheit der Milch ist nicht besser, sondern schlechter
geworden. Es hat das seinen Grund in den mißlichen Verkehrsverhältnissen und in dem Kohlen⸗
und Betriebsstoffmangel in den Molkereien. Während des Krieges hatten die Molkereien unter
dem Mangel an Fachleuten zu leiden. Nachdem diese Schwierigkeiten im Jahre 1919 behoben
waren, trat ein Mangel in den Betriebsmitteln ein, was bewirkte, daß viele Molkereien die Milch
vor dem Versand nicht entsprechend behandeln, d. h. erhitzen und tief kühlen konnten. Aus diesem
Grunde mußte die gesamte Milch, die in Nürnberg ankam, eine gründliche Nachbehandlung
erfahren, d. h. die Milch mußte zunächst sorgfältig geprüft und aussortiert, hernach gereinigt,
erhitzt und tief gekühlt werden. Die Erhitzung war in den heißen Sommertagen oft nur dann
möglich, wenn vorher eine Entsäuerung der Milch vorgenommen wurde. Durch die Entsäuerung
der Milch, die von den hierfür in Betracht kommenden Landes- und Reichsstellen eingehend
geprüft und gutgeheißen wurde, war es wenigstens möglich, einen großen Teil der Milch, die als
sauer hätte verbuttert werden müssen, der weiblichen Bevölkerung als Frischmilch zuzuführen.
Entrahmung. Diejenige Vollmilch, die nicht zur Versorgung der vollmilchbezugs—
berechtigten Personen benötigt wurde, mußte im Betriebe der Milchzentrale entrahmt werden.
Am 1. Oktober 1919 wurde die Entrahmung eingestellt; seitdem wird an die weibliche Be—
völkerung von über 14 Jahren Vollmilch abgegeben. Ein Teil der Milch wurde in größeren
Molkereien auf dem Lande selbst entrahmt und diese Molkereien lieferten anstatt Vollmilch
nur Magermilch, gleichzeitig aber auch eine der Magermilch entsprechende Buttermenge, die
der Stadt Nürnberg auf ihr Fettkontingent nicht angerechnet wurde. Im Jahre 1919 waren
zur Herstellung von 1 Pfd. Butter 14,221 Milch und im Jahre 1018 153,4 1 Milch nötig.
Besondere Milcharten. Ganz besondere Sorgfalt wurde darauf verwendet, wenigstens
für die Kinder im 1. und 2. Lebensjahr eine durchaus einwandfreie Milch zu beschaffen. Es
wurden dreierlei Milcharten ausgegeben und zwar: J. Säuglingsmilch, die von geimpften Tieren
stammt und größtenteils in den städtischen Betrieben selbst gewonnen wird; 2. Vorzugsmilch, die
von größeren Gütern, deren Stallungen unter tierärztlicher Kontrolle stehen, geliefert wird; 3. offene
Kleinkindermilch, die nur in durchaus einwandfreien Ladengeschäften verkauft und von gut
eingerichteten Milchsammelstellen geliefert wird. Ausgegeben wurden im Berichtsjahre:
258 3231 Säuglingsmilch, 482 372 1 Vorzugsmilch, 1774 626 1 offene Kleinkindermilch. Die
Säuglings- und Vorzugsmilch wird nur in Flaschen, die Kleinkindermilch dagegen offen in
besonders gekennzeichneten Gefäßen ausgegeben.
Die Versorgung der Bevölkerung mit Dauermilch oblag der Milchzentrale. Es wurden
im Jahre 1919 89 Waggons eingekauft und verteilt und zwar 62 Waggons mit 587 239 kg
Kondensmagermilch, 7 Waggons mit 82663 &g gezuckerter Kondensvollmilch, 16 Waggons
mit 128 947 kg ungezuckerter Kondensmilch, zusammen 7608 849 kg. Außer dieser Kondensmilch
konnten noch 4 Waggons Trockenmagermilch und 1 Waggon mit 15 000 Flaschen dänischer
Sahne beschafft werden.
Waͤschinelle Einrichtungen. Der Umstand, daß es im Erzeugergebiet oft unmöglich
ist, die Milchbehandlung sachgemäß durchzuführen, und die Tatsache, daß es sehr häufig auch