Soziale Fürsorge
zur Gesellenprüfung empfohlen worden. In Nürnberg war diese Einrichtung schon vorher,
im November 19018, beschlossen worden.
Da in den schon vorher — auch während des Krieges — errichteten städtischen
Lehrwerkstätten der Platz für die Anwärter für die Metallbearbeitungsberufe (Mecha—
niker, Werkzeugmacher, Oreher) nicht ausreichte, wurde unter dem Aufwand von 194 000 M
von der Stadt ein leeres Fabrikgebäude gemietet und mit allen notwendigen neuzeitlichen Ma—
schinen ausgestattet. Über 100 Zugendliche zwischen 10 und 22 Jahren, welche in der Munitions-
industrie nützliche Handgriffe, Maschinenbedienung usw. kennen gelernt und sich Materialkenntnisse
erworben hatten, wurden in diese Lehrwerkstätte eingestellt und mußten ohne Unterschied ihre
Lehre von vorne anfangen und zwar auf Lehrvertrag. Es stellte sich heraus, daß Fachkenntnisse
und Ausbildung bei o Hsehrungenügen d waren, selbst bei früher bereits zurückgelegter
Lehrzeit. Je nach dem Grad der mitgebrachten Kenntnisse und Eignung wurde bei den Ein—
zelnen eine Lehrzeit von Jl und 2 Jahren festgelegt. Alle müssen den theoretischen Unterricht
und den Zeichenunterricht im städtischen Offenen Zeichensaal besuchen, auch wenn sie nicht mehr
schulpflichtig sind. Vertragsmäßig ist jeder dieser jungen Leute verpflichtet, später seine Ge—
sellenprüfung abzulegen. So stehen heute an Schraubstock und Drehbank, am Schmiede—
feuer und an den verschiedensten Maschinen 127 junge Leute im Alter zwischen 16 und 22 Jahren,
um früher Versäumtes in so kurz als möglich bemessener Lehrzeit nachzuholen.
Auf Antrag des Referenten der städtischen Berufsberatungsstelle, Stadtschulrats Weiß,
wurden von den städtischen Kollegien am 10. Januar 1919 80 ooo M genehmigt, um durch Ge—
währung von Unterstützung von Fall zu Fall den UÜbergang ungelernter Arbeiter in gelernte
Berufe zu ermöglichen.
Die städtischen Lehrwerkstätten haben aber noch eine wichtige Nebenaufgabe
zu erfüllen. Während des Krieges wurden, wie schon oben erwähnt, die Lehrlinge in den Metall⸗
betrieben zum großen Teil nur mangelhaft ausgebildet und viele junge Leute zudem vor zurück
gelegter oder kaum vollendeter Lehrzeit zum Heeresdienst einberufen. Im Können der jungen
Leute sind auf diese Weise Lücken entstanden, die, soweit als nur irgend möglich, ausgemerzt
werden müssen. Darum mußten auch für solche junge Leute die Lehrwerkstätten in Dienst
gestellt werden. Es war kein leichtes Stück Arbeit, sie, die tagsüber im Broterwerb stehen, zu
der Einsicht in den Segen der Einrichtung zu bringen. Um Vaͤchhilfe und Besserung zu schaffen,
wurden auch in der größten städtischen Lehrwerkstätte Abend- und Sonntagskurse
eingerichtet.
Die aus dem Felde heimgekehrten jungen Metallarbeiter
zeigten bekanntlich starke Arbeitsunlust. Im Zusammenwirken mit den Gewerkschaften konnte
auch bei ihnen die bessere Einsicht wachgerufen werden.
Alle Schulentlassenen, welche in die städtischen Lehrwerk—
st ätten aufgenommen werden wollen, müssen von der städtischen Berufsbe—
ratungsstelle auf ihre körperliche und geistige Eignung hin geprüft werden, und erst bei wirk⸗
licher Brauchbarkeit finden sie Aufnahme. Der Erfolg möge die Richtigkeit der Handhabung be⸗
weisen: bis jetzt mußte — auch nach Ablauf der Probezeit — nicht ein einziger der Jungen als
untauglich entlassen werden. Eine Erweiterung der Lehrwerkstätten erfolgte im letzten Jahre
auf Antrag der Berufsberatunssstelle.
Besondere Aufmerksamkeit wurde seitens der städtischen Berufsberatungsstelle der
Beratung und Unterbringung von Kriegerwaisen zugewendet. Die Namen derselben
wurden durch Rundfragen bei den Schulen eingeholt, sodann Mütter und Kinder zur Beratung
vorgeladen und auch eine große Zahl mit Hilfe der gemeinsamen Lehrstellenvermittlung unter⸗
gebracht.