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sie sei nicht „antikischer Art.“ Allmählich bessert sich die Stim-
mung, steigt der Mut und das Selbstvertrauen. Er wechselt mit
dem Freunde Scherzworte, mitunter recht derber Art, meldet das
Lob des alten Giovanni Bellini, welcher, wie wir aus einer andern
Quelle (Camerarius) erfahren, Dürers Feinmalerei wie ein Zauber-
werk anstaunte, und erzählt von dem Gedränge in der Werkstätte,
vor welchem er sich zuweilen verbergen müsse. Er bekennt aber
auch freimütig den Wechsel in seinen künstlerischen Anschauungen
und wie er jetzt den früher hochgeschätzten Jacopo de Barbari
minder hoch stelle. Die Aussichten auf Erwerb haben sich gleich-
falls gebessert. Fünf Täfelchen hat er verkauft, von der Rosen-
kranzbrüderschaft, welche sich unter der deutschen Kaufmannschaft
gebildet hatte, ein grösseres Altargemälde bestellt erhalten. Und
als er es nach einer Arbeit von sieben Monaten vollendet hatte,
jubelt er auf. Der Doge und der Patriarch von Venedig besuchen
die Werkstätte, der Rat will ihn durch ein Jahresgehalt von zwei-
hundert Dukaten an Venedig fesseln, und auch die Maler sind zum
Schweigen gebracht. Sie sagten bisher, „im Stechen wäre er gut,
aber im Malen wüsste er nicht mit Farben umzugehen. Jetzt spricht
jedermann, so schöne Farben hätten sie nic geschen.‘“ Wir sind
leider nicht mehr im stande, dieses grosse Lob auf seine volle Wahr-
heit prüfen zu können. Das Bild, ein Weihgeschenk der Brüder-
schaft, stellt die Madonna auf dem Throne in einer reichen, hinten
rechts von Felsbergen abgeschlossenen Landschaft dar. Sie und das
Christkind überreichen dem Kaiser, dessen Profilkopf Dürer nach
der Zeichnung des Ambrogio da Predis, eines angesehenen Mailänder
Malers, wiedergab, und dem Papste Rosenkränze, während der
neben der Madonna stehende h. Dominikus und mehrere Engel
das gleiche Geschäft an der übrigen Gemeinde, fast lauter Porträt-
gestalten, vollziehen. Das Gemälde, zuerst in der Bartholomäus-
kirche in Venedig aufgestellt, kam später in den Besitz Kaiser
Rudolfs II. und nach Auflösung der Prager Galerie in ein Prager
Kloster. In älterer und neuerer Zeit arg misshandelt, zuletzt noch
vollständig übermalt, ist es gegenwärtig nur ein trüber Schatten
des ursprünglichen Werkes. Wer das grosse Tafelbild vor seiner
letzten Restauration genau prüft, erkennt nicht allein in dem psal-
tierenden Engel auf der Stufe des Thrones einen Anklang an die
bellinischen Engel, sondern entdeckt auch die offenbare Absicht
des Künstlers, die Farben gegen sein sonstiges Verfahren auf einen
kräftigen Akkord zu stimmen. Das blaue Kleid der Madonna, der