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Soziale Fürsorge
Unternehmer aufgeteilt worden, um einem möglichst großen Kreis des darniederliegenden Bau—⸗
gewerbes Arbeits- und Verdienstmöglichkeit zu schaffen. Im ganzen wurden 114 Unternehmer
herangezogen. Mit der Bauausführung wurde Ende Juli 1918 begonnen. Zum 1. April 1919
konnten 53 Wohnungen, zum 1. Mai weitere 36 und zum 1. Juni die restlichen 4 Wohnungen
zur Vermietung bereitgestellt werden.
Die Baukosten für das J. Bauprogramm sind, einschließlich der anteiligen Kosten
für die Kläranlage, die Kanglisierung und die Straßenherstellung, auf rund 1 827 000 M ver⸗
anschlagt. Die Rentabilitätsberechnung für das J. Bauprogramm hat die Notwendigkeit eines
verlorenen Baukostenzuschusses von J oob ooo MA, d. i. etwas über 10 800 M für1 Wohnung,
ergeben, von dem entfallen auf Reich und Bayern (*/6 und ?/6) 838 000 MA, auf Stadt und Kreis
(/5) 168 oo0 M. Bei der Berechnung des Ertrags wertes der Häuser wurden, den mini—
steriellen Vollzugsvorschriften für die Berechnung von Baukostenzuschüssen gemäß, zunächst die
Friedensmietpreise im Vergleich mit den Mietpreisen von bestehenden Wohnungen gleicher Art,
insbesondere von Wohnungen Nürnberger Baugenossenschaften, festgestellt. Dazu hat der Ver—
waltungsrat nach eingehenden Beratungen einen Zuschlag von 209 begutachtet.
Das II. Bauprogramm 1919. Es umfaßt so0 Häuser mit zusammen 70 Wohnungen,
davon 1 mit 2 Zimmern, 51 mit 3 und 18 mit 4 Zimmern. Dazu kommt in allen Fällen noch
eine Wohnküche. Mit der Bauausführung wurde im März 1919 begonnen. Die Arbeiten konnten
zunächst nicht in dem wünschenswerten Maße gefördert werden, weil ein ganz empfindlicher
Materialmangel herrschte. So waren z. B. Mauersteine nur mit größter Mühe zu beschaffen.
Als erfreuliches Moment ist die Steigerung der Arbeitsfreudigkeit, die im
Sommer 1019 einsetzte, festzustellen. Die Baukosten für das II. Bauprogramm sind, ein—
schließlich der anteiligen Kosten für Straßenbau, Kanalisation und Kläranlage, auf Grund der
Werk- und Lieferungsverträge mit rund 1943 000 M veranschlagt, d. i. aaf 1 Wohnung
gerechnet mit rund 27760 M gegenüber 16 420 M bei dem J. Bauprogramm.
d. Städtisches Wohnungsamt.
Allgemeines. Die Lage des Wohnungsmarktes in Nürnberg machte schon lange vor dem
Inkrafttreten der reichs- und landesgesetzlichen Bestimmungen über Mieterschutz und Maß—
nahmen gegen Wohnungsmangel besondere Fürsorgemaßnahmen der Stadt nötig. Die Bau—
tätigkeit war während des Krieges vollständig zum Stillstand gekommen. Durch die Kriegs—
industrie waren Nürnberg aus dem Felde und von auswärts immer wieder Arbeitskräfte zu—
geführt worden, welche Wohnungen verlangten und sie überfüllten. Einzelmieter konnten zwar
immer wieder unterkommen, eine Reihe von Familien aber war bereits zu Beginn des FJahres
1918 obdachlos; ihre Anterbringung in wohnlich eingerichteten Schulhäusern und Baracken
war zunächst die einzige Möglichkeit. Für die Folge wurden dann noch verschiedene Privat—
gebäude, Säle usw. zur Einrichtung von Notwohnungen herangezogen. So konnten bis Ende
November 1918 151 Familien notdürftig untergebracht, d. h. 181 Notwohnungen mit einem
Kostenaufwand von 134 384 M geschaffen werden.
In diese Zeit fällt die Durchführung der Demobilmachung, der Zustrom der
Heeresangehörigen und der Flüchtlinge. Die Fürsorgemaßnahmen der Stadt allein reichten zur
Befriedigung.des Wohnungsbedürfnisses nicht mehr aus, es mußte ernsthaft daran gedacht werden,
auch zu große Wohnungen und andere geeignete Räume zur Unterbringung obdachloser Familien
heranzuziehen (Wohnungsrationierung), wozu die inzwischen erlassene Bundesr.Bektmchg.
vom 253. IX. 18 in Verbindung mit der bayerischen Vong. vom 22. XI. 18, betr. Maßnahmen gegen
Wohnungsmangel und Obdachlosigkeit, die erste Handhabe boten. Zur gedeihlichen Durch—
führung dieser und aller weiteren Fürsorgemaßnahmen erschien es notwendig, ein eigenes „Wo h—
nungsamt«“ zu errichten. Durch Beschlüsse der gemeindlichen Kollegien vom 6. und 17. XII.