Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohltätigkeit 226
und Kettenhandelsangelegenheiten bewirkten, daß die bisherigen Polizeiabteilungen des Stadt—
magistrats neben ihren sonstigen Dienstgeschäften diese Angelegenheiten nicht mehr hinreichend
rasch erledigen konnten; auch erschwerte die ständig wachsende Zahl der Verordnungen die
Durchführung. Daher mußte eine eigene Polizeiabteilung beim städtischen Lebens—
mittelamt errichtet werden. Sie besteht aus einem Polizeisekretär und 3 Schutzleuten und
hat alle Polizeiangelegenheiten in Lebensmittelfragen zu behandeln. Dieser Polizeiabteilung
wurden auch die bereits im Sommer beim Statistischen Amt abgetrennten und vom städtischen
Lebensmittelamt übernommenen 3 Lebensmittelkontrolleure unterstellt, zu welchen inzwischen
ein vierter gekommen ist.
Die Neuregelung der Eierversorgung im Herbst und die Anrechnung der durch die
reichsgesetzlich vorgenommene Bestandsaufnahme am 1. September festgestellten Eiervorräte
verlangten die Anlegung eines besonderen GEierkatasters, auf Grund dessen im Benehmen
mit der Lebensmittelkartenabgabestelle die Ausgabe der Eierkarten erfolgte.
Die immer knapper werdenden Lebensmittel steigerten im Herbst die Gesuche um
Sonderzuweisungen wegen Erkrankung. Eine grundsätzliche Regelung erschien
daher angezeigt; sie geschah nach dem Vorbild der Stadt Berlin. 6 Nürnberger Arzte prüfen
und verbescheiden allwöchentlich beim städtischen Lebensmittelamt, unter dem Vorsitz eines
der Referenten, die eingelaufenen Gesuche. Ein Kataster der eingelaufenen und erledigten
Gesuche ermöglicht den erforderlichen Überblick und den Ausschluß von Doppelzuweisungen.
Die Abgabe der Sonderzuweisungen, mit Ausnahme von Milch und Fleisch, geschieht in den
städtischen Läden nach besonderen Krankenkarten. Eine Sicherstellung des Bezugs von Saccharin
für Kranke durch die Apotheken wurde durchgeführt; eine gleiche Regelung des Zwieback—
bezugs für Kranke und Kinder ist im Gange.
Die Errichtung eine Musterzuchtanlage von Champignons wurde in
die Wege geleitet und wird zur Zeit angelegt.
Im Sommer wurde die Verteilung von Spiritus an Minderbemittelte zu ermäßigten
Preisen nach den Weisungen der Reichsstelle ins Werk gesetzt; abgegeben werden gegen Karten
monatlich 12000 1 (während einiger Monate 18000 I).
Um die im Winter 1915/16 in der Petroleumversorgung aufgetretenen
Schwierigkeiten zu beheben, wurde eine Petroleumversorgung derjenigen Haushaltungen, welche
Gas und Elektrizität nicht zur Verfügung haben, sowie für Heimarbeiter und Landwirte, durch—
geführt. Durch Ausgabe von Vorzugskarten und Einführung des Kundenzwangs, wobei man
alle bisherigen Geschäfte berücksichtigte, wurde so der Petroleumbedarf der vorzugsberechtigten
Bevölkerung sicher gestellt. Man benötigte dazu zwischen 50 und 600/0 der gesamten vor—
handenen Petroleummenge. Maßnahmen für Sicherstellung des notwendigen Bedarfs an
Heizmaterialien für die Bevölkerung sind im Gange.
Neben diesen größeren Organisationsarbeiten her ging der laufende Vollzug der
ergangenen reichs- landesgesetzlichen und städtischen Veyordnungen. Auf eine möglichste Ver—
einfachung der Durchführung wurde dabei besonders gesehen; in diesem Sinne wurde vor
allem. die Einrichtung des Kundenzwangs im Verlaufe der Monate durch mannigfache Vollzugs—
maßnabmen zu verbessern gesucht.
Der städtische Verkauf wurde weiter ausgebaut. In der Hauptsache wurden
Waren abgesetzt, die von der Volksernährungsgesellschaft zur Verfügung gestellt worden waren.
Der Verkauf erfolgte teils im Freien (an der Sebalduskirche, auf den Nebenmärkten Aufseß—
platz, Adam-Klein-Straße und Sulzbacher Straße), teils in den für diesen Zweck eigens
gemieteten Verkaufsläden. Das Personal besteht nunmehr aus einem städtischen Bediensteten
als Geschäftsführer, 2 männlichen Arbeitern und 20 Verkäuferinnen und Arbeiterinnen. Die