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Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohltätigkeit
In Anbetracht der Wechselbeziehungen zwischen den Mutterberatungsstellen und der
Kriegsfürsorge wurde gemäß magistratischen Gesamtbeschlusses vom 27. Oktober 1914 beim
Kriegsfürsorgeamt der Antrag auf ÜUbernahme aller Ausgaben gestellt, die über die vom
Kriegsbeginn an noch zur Verfügung stehenden etatsmäßigen Mittel hinaus für Stillunter—
stützungen, Stillprämien und Milchabgabe gemacht und auch noch ferner zu machen waren.
Das Kriegsfürsorgeamt übernahm die Mehrausgaben durch Beschluß vom 18. Januar 1915.
Nach den von beiden städtischen Kollegien im Jahre 1907 aufgestellten Grundsätzen
hatten, soweit nicht Freimilch gewährt wurde, Personen mit einem Jahreseinkommen bis
1500 A6 für die von den Mutterberatungsstellen angewiesene Tagesportion Milch 20 ,
Personen mit einem jährlichen Einkommen von 1501 -2 000 46: 25 — zu bezahlen.
Geliefert wurde eine Einheits-Säuglingsmilch in 6 Portionsflaschen für den Tag
von 4 verschiedenen Größen und außerdem Vollmilch in 5 Portionsflaschen für den Tag zu
1000 ccm.
Am 27. Oktober 1914 beschloß der Magistrat, auch Milchgutscheine zum Preise von
10 à abzugeben, ferner Milchgutscheine für kleinere Mengen Marktmilch und solche für
eine kleinere Anzahl von Säuglingsmilchflaschen.
Infolge des sich steigernden Bedarfs an Milch reichte die von der Firma Kurz&
Zanders in Wendelstein gelieferte Milch zur Versorgung der Besucher der Mutterbe—
ratungsstellen nicht aus. Es wurde deshalb vom November 1915 ab Milch von einer Anzahl
Ziegelsteiner Bauern, die sich den besonderen Bestimmungen über die Vorzugsmilch unter—
vorfen hatten, bezogen. Am 17. Dezember wurde beschlossen, auch Milch aus der Schwahnschen
Molkerei, die von der städtischen Armenpflege gekauft wurde, abzugeben. Die Milch aus
diesem Betriebe wurde nur in Halbliterflaschen, die Milch aus Ziegelstein in Halb- und
Gaänzliterflaschen abgegeben.
Für den Liter Milch aus dem Schwahnschen Betriebe mußten 386 Ä, später 42 ,
für die Milch der Ziegelsteiner Bauern 256/ , später 32 — an die städtische Milchzentrale,
die den Verkauf der Milch von beiden Anlieferungsstellen übernahm, bezahlt werden.
Da nach den bisher gemachten Ausgaben angenommen werden mußte, daß die für
Unterstützung bedürftiger Schwangerer in den Haushaltsplan eingesetzte Summe nicht aus—
»eichen würde, genehmigte der Kriegsfürsorgeausschuß am 8. Mai, daß der den Voranschlag
übersteigende Betrag der Ausgabe aus Mitteln der Kriegsfürsorge gedeckt werde.
Neben den Schwestern wurden 2 Pflegerinnen in widerruflicher Weise gegen ein
auch für die Sonntage zu zahlendes Tagegeld von 36 mit eintägiger Kündigung angestellt.
Die Auslagen hierfür wurden aus Mitteln der Kriegsfürsorge bestritten. Außerdem waren
20-25 Frauen als freiwillige Helferinnen im Ehrenamte tätig.
Da sich die Notwendigkeit eines Arbeitszimmers für die Schwestern immer mehr
geltend machte, wurde ihnen im Oktober 1914 ein solches Spitalgasse 13,II angewiesen.
Im Juni 1915 wurde das Amtszimmer nach dem Anwesen Vorderer Spitalhof 13,1 verlegt.
Vom 22. September 1915 ab wurde der Oberschwester die Entgegennahme sämtlicher
Gesuche um unentgeltliche Geburtshilfe, sei es, daß diese von der städtischen Kriegsfürsorge,
der Stadtgemeinde oder der Armenpflege geleistet werden sollte, übertragen. Auch haätte die
Oberschwester Rat und Auskunft über alle einschlägigen Fragen der Schwangerschafts- und
Säuglingsfürsorge zu erteilen.
Seit 15. Mai 1915 wurden an bedürftige Mütter Wickel abgegeben, die aus einer
Stiftung des Theresien-Frauenvereins beschafft wurden. Es sind der Säuglingsfürsorge
monatlich 10 Stück zur Verfügung gestellt worden, außerdem im Dezember weitere 20 Stück.
Davon kamen im Berichtsjahre 78 zur Verteilung.