Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1915 (1915 (1918))

Gemeinnützige Anstalten, Armenwesen und Wohltätigkeit 
Die Kindergärtnerin berichtet über ihre Tätigkeit folgendes: 
Die Kinderfürsorge im Armenhaus am Hallertor hatte in der ersten Jahres— 
hälfte 1915 den regsten Betrieb seit ihrem Bestehen aufzuweisen. Mit 37 (15 vorschul— 
und 22 schulpflichtigen) Zöglingen beginnend, stieg die Zahl rasch auf 4„5. Vom Juli an 
nahm aber der Besuch bedeutend ab und sank am Schluß des Jahres auf 22. Diese er— 
hebliche Verminderung hängt mit der seit Mitte des Jahres zurückgehenden Besetzung des 
Armenhauses zusammen. Durch die Einziehung der ehelichen wie unehelichen Väter zum 
Heeresdienst war nämlich zum Teil die Unterstützungspflicht auf Reich und städtische Kriegs— 
fürsorge übergegangen, zum Teil hatten sich die Erwerbsmöglichkeiten so gebessert, daß die 
Leute außerhalb des Hauses ihr Fortkommen finden konnten. 
Die Beschäftigung der Kinder bestand in der Hauptsache wieder in Arbeiten für die 
Krieger; besonders für den „Nürnberger Tag“ konnten zahlreiche Paketchen zusammengestellt 
werden. Dankschreiben aus dem Felde und der persönliche Besuch eines der bedachten 
Soldaten lösten große Freude bei den Kindern aus. Auch für die Gefangenen in Rußland 
wurden warme Sachen, Socken, Schlupfer und dergleichen augefertigt. 
Zu Weihnachten durften für Angehörige und Freunde allerlei nützliche Dinge, wie 
Pantoffeln, Handschuhe, Strumpfbänder, Tafellappen, Nadelkissen, Arbeitsbeutel, Kalender, 
Schlüsselhalter, Staubtuchkasten usw. gearbeitet werden. Für sich selbst fanden die Kinder, 
Dank der Beisteuer freundlicher Gönner und der besondern Zuweisung seitens der Armen— 
pflege, wieder einen reichgedeckten Weihnachtstisch. Auch sonst noch wurden ihnen im Laufe 
des Jahres mancherlei Freuden bereitet. So kehrte der Osterhase ein; Spaziergänge und 
Ausflüge wurden gemacht; zweimal gab es Festessen mit Stallhasenbraten und Kartoffelklößen. 
Denn die im Vorjahr aufgenommene Kaninchenzucht hatte erfreuliche Erfolge gehabt. Der 
schöne Hof am Armenhaus erhielt eine große Wippe, Schaukel und Turnreck. 
Von den Gartenbeeten konnten besonders Bohnen und Grünzeug geerntet werden 
Die Blumenzucht war aus praktischen Gründen unterlassen worden. 
Durch die allgemeine Brotrationierung kam das bisher zum zweiten Frühstück und 
zum Nachmittagskakao gereichte Brot in Wegfall. Mit dem Frühstück hörte es ganz auf; 
zur Vesper gab es jedoch Hafergrütze mit Milch oder Milchreis. Im Juli wurde dann der 
Anstalt eine besondere Brotzulage, allerdings nicht in der früher gewohnten Menge bewilligt. 
Es wurde dies als große Wohltat empfunden. 
Der Gesundheitszustand der Kinder war andauernd gut. 
Die Leiterin der Kinderfürsorge mußte von Mitte August bis Ende November wegen 
Krankheit beurlaubt werden. Ihre Vertretung übernahm die geprüfte Kindergärtnerin 
E. Moeßmeringer. 
Armenwohnungen. Zur Unterbringung von Personen und insbesondere von 
kinderreichen Familien, die sich nicht aus eigenen Kräften eine Wohnung zu verschaffen ver— 
mögen, hat der Armenpflegschaftsrat vom Stadtmagistrat und von den unter städtischer 
Verwaltung stehenden Wohltätigkeitsstiftungen verschiedene Gebäude gemietet. 
Soweit es sich um Aufnahme obdachloser Familien handelte, die sonst nicht zu den 
eingeschriebenen Armen zählen, wurde für die überlassene Wohnung im Armenhause eine 
geringe Mietsentschädigung erhoben. Dies brachte eine Einnahme von 931 (785) M6. 
An Stelle des aufgehobenen Armenbades für Armenhausbewohner wurde die Ein— 
richtung getroffen, daß von diesen in den städtischen Brausebädern auf Kosten der Armen— 
pflege Bäder genommen werden können. Ausgaben dafür sind 1915 nicht angefallen, 1914 
betrugen sie 45 M 
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