fullscreen: Albrecht Dürer

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Dürer abermals seine Frau sorgfältig mit dem Silberstifte (Samm- 
lung Blasius in Braunschweig). Unter der grossen Haube ist ein 
Teil der Stirn versteckt, ehrbar verhüllt ein Tuch unter dem Wamse 
die Büste. Die Formen sind voller, runder geworden. Spricht aus 
den hochgeschwungenen Augenbrauen, der starken Nase Kraft und 
fester Wille, so mildern doch wieder die weichen Lippen, das 
Wangengrübchen und der leise Ansatz zur Fülle den Eindruck. 
Erst nach langen Jahren griff Dürer wicder zum Silberstifte, um 
die Züge seiner Frau festzuhalten. Auf dem Rheinschiffe bei 
Boppard zeichnet er sie in einer müssigen Stunde im Reiseckleide, 
welches allerdings Frau Dürer von jedem Hang zur Eitelkeit frei- 
spricht: Wie eine Mumie sitzt sie da in dicke Kopftücher eingehüllt. 
in Bergen hatte Dürer seiner Frau ein nicderländisches dünneres 
Kopftuch gekauft. Es stand ihr offenbar gut zu Gesicht, denn sie 
musste sich in demselben in grösserem Massstabe abkonterfeien 
lassen. Dürer aber schrieb unter das Blatt (Berlin) eigenhändig: 
Das hat Albrecht Dürer nach seiner Hausfrau konterfeit zu Anttorff 
in der niederländischen Kleidung im Jahr 1523, da sie einander 
zu der Eh’ gehabt 27 Jahre.‘ Aus diesen schlichten, warmen Worten 
spricht doch wahrlich nicht ein trübes Familienleben und ebenso 
hätte die Natur arg gelogen, wenn wir aus diesen offenen, ehrlichen 
Zügen den Geiz und die Zanksucht herauslesen sollen. Dürers 
Schilderung vom Jahre 1524 in einer Bittschrift an den Rat: er 
und sein Weib wollen alle Tage älter, schwächer und unbehelf- 
licher werden, passt nicht ganz auf die landläufige Schilderung der 
Frau, So wenig wie das letzte Bild, welches Dürer von ihr ge- 
zeichnet hat. Sie ist derber, wohlbeleibter, man möchte glauben 
kugelförmiger geworden, aber ihre Augen besitzen noch den alten 
Glanz unter den schweren Lidern, der Kopf zeigt auch jetzt klaren 
Verstand, festen Willen mit einem leisen Anfluge zur Gutmütigkeit. 
Es ist wahrscheinlich, dass sie Dürers Schaffen nicht immer eine 
verständnisvolle Teilnahme entgegentrug, über manche Liebhaberei, 
z. B.. die Sammellust, still den Kopf schüttelte. Aber man muss 
auch zugeben, dass Dürers zeitlebens träumerische Natur den froh- 
mütigen häuslichen Verkehr nicht förderte und nur eine tapfere 
Frau den unpraktischen Mann vor schwerem Schaden bewahren 
konnte
	        
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