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schnitt Rosen ab, sorgsam, daß sie keine Knospe mit
der Schere faßte. Sie legte die kurzstieligen
Blumen sorgfältig in einen Korb, den fie am
Arm trug.
„Den Herrn Vater, wenn die Bürgermeisterei
ein Ende hat.“
„Was — wenn?“ Anne sah starr auf den
alten Freund.
„Die Jungfer tut, als ob sie aus dem Mond
käme.“
„Der Vater nicht mehr Bürgermeister?“
„Nein! Schrei es aber die Jungfer nicht auf
die Gasse, man flüstert so etwas nur, und zwar
hinter dem Rücken.“
„Aber Onkel, so sagen Sie nur —“ Anne
hatte den Korb zu Boden gestellt und war auf
Hünnebach zugeeilt.
„Wenn jemand nicht in seinem blinden Egois—⸗
mus nur an sich dächte, hätte er es schon lange,
lange merken können. Und wenn man noch der
kleine Kamerad wäre, wüßte man es auch — bst
da kommt der Vater und strahlend wie am
ersten Tag seiner Bürgermeisterwürde.“
Anne flog auf den Vater zu und umarmte ihn
stürmisch. „Vater, lieber Vater!“
Rottmann preßte den Kopf seines Lieblings
ans Herz und nickte dem alten Freund zu. „Ich
war eber noch bei Roller. Der soll noch seiner
Heimat Stolz werden! Nun kommt., laßt uns recht
fröhlich sein!“
Sie waren alle fröhlich, als sie unter der
Linde saßen. Auch in Joseph, der anfangs recht
still war, erwachte allgemach die Reisefreude.
Anne sah wohl bisweilen prüfend zum Vater
—