Full text: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für das Jahr 1911 ((1911) 1912)

Gemeindevertretung und Berwaltung 
Kündigung hat am Tage vor der Entlassung bezw. dem Austritt zu erfolgen; die in 8 122 
der Gewerbeordnung statuierte gesegtzliche Kündigungsfrist von 2 Wochen findet keine An— 
wendung. Eingehend sind die Gründe festgelegt, aus welchen eine sofortige Entlassung ver— 
fügt werden kann. Der Arbeiter selbst kann ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist die 
Arbeit sofort verlassen, wenn er zur Fortsetzung seiner Tätigkeit unfähig wird oder wenn 
bei Fortsetzung der Arbeit das Leben oder die Gesundheit des Arbeiters einer erweislichen 
Gefahr ausgesetzt wäre, die bei der Einstellung nicht zu erkennen war. 
Zur Beratung der die städtischen Arbeiter betreffenden Angelegenheiten besteht in 
Nürnberg ein aus Mitgliedern beider städtischer Kollegien gebildeter sogenannter Ausschuß 
für wirtschaftliche Angelegenheiten. 
Am 25. Mai 1909 schuf der Magistrat innerhalb des städtischen Arbeitsamtes eine 
Vermittlungssammelstelle für städtische Arbeiter und ordnete an, daß die Vorstände 
sämtlicher städtischen Amter und Dienststellen, die Arbeiter beschäftigen, diese durch Ver— 
mittlung des städtischen Arbeitsamtes einstellen müssen, gleichgültig, ob die Einstellung für 
dauernd oder vorübergehend erfolgt. Es waren im Jahre 1911 im ganzen 1434 Personen 
beim städtischen Arbeitsamt vorgemerkt, die um Aufnahme als städtische Arbeiter nachgesucht 
hatten. Im Laufe des genannten Jahres konnten davon 35 dauernd und 457 vorübergehend 
(zu Winter- und Saisonarbeiten) eingestellt werden. 
Das Koalitionsrecht der städtischen Arbeiter ist durch die Nürnberger Stadt— 
verwaltung freigelassen. Es werden niemals Erhebungen darüber gepflogen, ob ein Arbeiter 
einer Organisation angehört bezw. welcher. Auch sucht die Stadtverwaltung das Koalitions— 
recht der in Privatbetrieben Beschäftigten zu sichern, indem nach 82 der Vorschriften über 
das Verfahren bei Vergebung städtischer Arbeiten und Lieferungen solche Unternehmer aus— 
geschlossen werden können, welche ihren technischen Angestellten, Handlungsgehilfen und 
Arbeitern die Ausübung des Koagalitionsrechtes unmöglich machen oder beschränken wollen. 
Bis jetzt sind Nürnbergs Betriebe von Streiks und Aussperrungen verschont geblieben. Es 
ist bislang immer gelungen, bestehende Meinungsverschiedenheiten auch ohne diese Kampfes— 
mittel zu erledigen. 
Die Löhne der städtischen Arbeiter wurden bis zum Jahre 1905 einschließlich von 
den Abteilungsvorständen und Betriebsleitern nach den jeweils herrschenden allgemeinen 
Lohnverhältnissen festgesetzt. Nur in einigen Betrieben waren für einzelne Gruppen von 
Arbeitern Lohnordnungen aufgestellt. Infolge von verschiedenen Eingaben einzelner Arbeiter 
und ganzer Arbeitergruppen wurde dann eine Gehalts- und Lohnvorrückungs— 
ordnung für alle nicht in bestimmte Gehaltsordnungen eingereihte städtische Bedienstete 
sowie für die sämtlichen ständigen städtischen Arbeiter geschaffen, die am 1. Januar 1906 in 
Kraft trat. Darnach sollten nach wie vor die Anfangslöhne von den Direktoren und Vor— 
ständen nach den jeweiligen allgemeinen Lohnverhältnissen sowie unter Berücksichtigung der 
Arbeitsleistung und Tüchtigkeit des Arbeiters festgesetzt werden. Das Maschinen— und 
Kesselhauspersonal sowie die gelernten Arbeiter sollten vom Tage ihres Eintritts an 5 mal 
nach je 3 Jahren in ihrem Gehalte bezw. Lohn vorrücken, die gewöhnlichen Taglöhner 3 mal 
nach je 3 Jahren. Diese Vorrückungen wurden auf 20 Pfennig täglich für alle gegen Tag— 
und Stundenlohn beschäftigten Personen festgesetzt. Für die im Feuerhaus des Gaswerks 
verwendeten Arbeiter wurden mit Rücksicht auf ihre anstrengende und gesundheitsschädliche 
Beschäftigung besondere Vergünstigungen gewährt. 
Die Neuregelung der Löhne erforderte 1906 eine Mehrausgabe von 37 000 M. Die 
niedrigste Lohnerhöhung betrug beim einzelnen Arbeiter täglich 10 8. In den meisten 
Fällen betrug sie jedoch 20 — täglich, in einigen noch mehr.
	        
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