Volltext: Verwaltungsbericht der Stadt Nürnberg für die Jahre 1913 und 1914 (1913/14 (1917))

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Sweiundzwanzigstes Kapitel. 
bei dem Meister Dürer wie auch den andern die Thränen in 
die Augen traten. 
Danach, nachdem man das Mahl gehalten, bei welchem 
nur wenig geredet ward, mußte der liebe Gast von sich selber 
erzählen, wie es ihm ergangen in der Zeit seines Abwesens. 
Da hatte er aufmerksame Zuhörer, die sich herzlich freuten all 
der guten Tage, welche er seither gehabt, und seines Vorwärts— 
kommens in der Kunst. Am begierigsten aber lauschte Meister 
Dürer, als Schäufelein erzählte, er sei auch bis gen Rom ge— 
kommen und habe allda den gesehen, den man schier mit über— 
menschlicher Ehre erhebe, den herrlichen Raffael. 
„Wie?“ rief Dürer hastig, „Ihr habet ihn gesehen von 
Angesicht zu Angesicht? O, wie glücklich Ihr seid! Lange schon 
trage ich mich mit dem heimlichen Verlangen, ihn auch mit 
Augen zu schauen, den Einzigen, den Unvergleichlichen, des hei— 
ligen Vaters Liebling und die Bewunderung der Welt!“ 
Schäufeleins Augen leuchteten seltsam auf. „Siehe, wie 
zwei große Männer sich mit ihrem Herzenswunsch begegnen! Denn 
das sollt Ihr wissen, daß auch Raffael ein heiß Begehren in 
sich träget, den leiblich zu schauen, von dem er sagt, er sei der 
deutsche Apelles.“ 
Dürers Gesicht erglühte in tiefem Rot, und seine Augen 
bekamen einen feuchten Schimmer. „Woher wisset Ihr das?“ 
fragte er halblaut. 
„Aus seinem eignen Mund“, versicherte Schäufelein. „Es 
ward mir vergönnt, in seine Werkstatt zu kommen, da hüpfte 
mir jählings das Herz im Leibe, wie ich unter den vielen Ma— 
lereien auch etliche erblickte, die ich wohl kannte, denn darunter 
stand das Malerzeichen A. D. Und da ich nun sagte, wie mich 
solcher Anblick überrasche und erfreue, maßen ich eine gute Zeit 
in Meister Dürers Werkstatt als Gesell gestanden, da griff
	        
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