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Einunddreißigstes Kapitel.
Einunddreißigstes Rapitel.
Künstler und Gelehrter.
Als Dürer nach Vollendung des Apostelgemäldes den Pinsel
hinlegte, that er das mit dem Gefühl: das ist mein letztes grö—
ßeres Werk. Wohl brachte er noch das Bildnis dieses und jenes
seiner Freunde auf die Leinwand, namentlich das des Herrn
Hieronymus Holzschuher, welches ihm fast noch besser geraten
war als etliche Jahre vorher die Porträts Friedrichs des Wei—
sen, Wilibald Pirkheimers und Magister Philipp Melanchthons,
welch letzterer wegen Aufrichtung einer neuen Schule wiederholt
nach Nürnberg gekommen war; aber sonst bekamen Stift und
Pinsel Ruhe, um der Feder Platz zu machen, der Feder, welche
bemüht war, den Ertrag seiner seit langen Jahren neben der
praktischen Kunstübung betriebenen wissenschaftlichen Studien in
Büchern niederzulegen.
Und neues Staunen erfüllte die Welt, als sie von dem
Großmeister der Maler ein Büchlein nach dem andern ausgehen
sah, welche von der seltenen Vielseitigkeit und Tiefe seines Gei—
stes Zeugnis gaben. Nachdem er mit der praktischen Ausübung
der Kunst abgeschlossen, versenkte er sich in theoretische Studien
über das Wesen derselben, und diesen seinen Fund wollte er
als ein letztes Vermächtnis der Nachwelt hinterlassen.
Den Vortrab dieser Veröffentlichungen bildete ein schon vor
einem Jahr ausgegebenes Buch unter dem Titel: „Unterweisung
der Messung mit dem Zirkel und Richtscheit in Linien, Ebenen
und ganzen Körpern, durch Albrecht Dürer zusammengezogen und
zu Nutz aller Kunstliebhabenden mit zugehörigen Figuren in Druck
gebracht.“ Er widmete das Buch seinem Freunde Wilibald Pirk—
heimer und sprach in der Vorrede seinen Zweck dahin aus, er