Volltext: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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zu den Füllungen von Fuhrwerken (Tramwaywagen, Eisenbahn-Personen- 
Wagen ete.), Thüren u. dgl. Zu den interessantesten Anwendungen von 
Pappen gehört jedoch die Herstellung von KEisenbahnwagenrädern, Die 
ersten Räder dieser Art wurden 1869 von Richard N. Allen im Staate 
Vermont (Nordamerika) fabriziert. Jetzt liefert diese Fabrik, als ein Teil 
der Pullman’schen Eisenbahnwagen-Fabrik in Chicago, täglich 24-—28 Räder 
aus Strohpappe. Letztere wird zunächst in kreisrunde Scheiben geschnitten 
von etwas grösserem Durchmesser, als er für die üblichen Radgrössen nötig 
ist und erhält in der Mitte ein Loch für die Laufachse. Je drei Scheiben 
werden mit Stärkekleister bestrichen und so in Stössen von 1—1'/2m in 
einer hydraulischen Presse einem Druck von etwa 650,000 kg drei Stunden 
lang ausgesetzt. Aus der Presse genommen, sind diese drei Pappen zu 
einer brettharten Platte verbunden. Um sie nun vollständig zu trocknen, 
werden sie etwa 14 Tage lang einer Temperatur von 50° C. ausgesetzt. 
Hierauf gelangen sie, zur Vereinigung bis zu einer Dicke von 10—13 cm, 
mit Kleister bestrichen, abermals in eine Presse und dann wieder in den 
Trockenraum, so dass zur Herstellung eines Radkörpers eine Zeit von 
3—6 Wochen verfliesst. Der dann fertige Pappenklotz wird danach auf 
der Drehbank abgedreht und so zugestutzt, dass er ein klein wenig grösser 
bleibt als der innere Raum der stählernen Radreifen. Darauf erhält er 
zwei Anstriche mit (gewöhnlich brauner) Oelfarbe, um dann endlich unter 
einem Druck von 120 Atmosphären in den stählernen Radkranz eingepresst 
zu werden. Auf ähnliche Weise wird die eiserne Nabe in den Pappenblock 
eingesetzt. Dann erhalten die Seiten noch eine Bekleidung von eisernen 
Platten, die mit durchgehenden Bolzen befestigt werden. In Deutschland 
werden diese Räder von der Fabrik van der Zypen in Deutz hergestellt 
und der Pappenklotz dazu von der Oelpappenfabrik der Gebr. Adt in Forbach 
uud Ensheim in derselben Güte und Brauchbarkeit wie in Amerika geliefert, 
so dass nunmehr diese Industrie auch bei uns schwunghaft betrieben wird. 
Die Vorteile dieser auf der Landes-Ausstellung von Gebr. Adt ausgestellten 
Räder bestehen darin, dass sie wegen ihrer Elastizität die Stösse wesentlich 
mildern und daher die Reifenbrüche vermindern, die Abnutzung verkleinern 
ınd während. der Fahrt ein sanftes Laufen ohne das sonst so lästige Geräusch 
zeigen. Namentlich aus letzterem Grunde sind sie für Personen- und Schlaf- 
wagen so schnell beliebt geworden. Versuche haben ergeben, dass Räder 
mit Papierfüllung bis 500,000 englische Meilen ohne erhebliche Ab- 
nutzung durchlaufen, während eiserne Räder schon nach 50.000 Meilen 
unbrauchbar sind. 
Eine weitere Verwendung des Papiers für Eisenbahnen ist bei der 
London-Nordwesternbahn in England aufgekommen, welche eiserne Schwellen 
einführte und um hiebei die schnelle Abnutzung dieser fortwährend gegen- 
ainander stossenden harten Teile zu beseitigen, welche der Einführung der 
Zisenschwellen ein scheinbar unüberwindliches Hindernis entgegenstellte,
	        
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