Full text: Berichte über die Bayerische Landes-Industrie-, Gewerbe- und Kunst-Ausstellung zu Nürnberg 1882

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ziemlich erhöht hat. Die erste Stelle nimmt Mittelfranken ein, welches in 
823 Klein- und 44 Grossbetrieben 2407 Arbeiter, also fast die Hälfte der 
Gesamtzahl, beschäftigt. Daran reihen sich Oberbayern mit 481 Betrieben 
und 922 Arbeitern und Schwaben mit 302 Betrieben und 532 Arbeitern, 
so dass sich auf die übrigen Kreise zusammen noch 1234 Arbeiter ver- 
teilen. In Mittelfranken ist diese Fabrikation hauptsächlich auf Nürnberg 
und Fürth beschränkt und haben die Industriellen dieser beiden Städte in 
Herstellung von Galanterie-Waren eine erfolgreiche Konkurrenz mit Paris 
und Wien bestanden, was schon die Höhe des Umsatzes beweist, der sich 
in diesen Artikeln allein auf mehr als 1‘200,000 Mk. pro Jahr beziffert, 
Was nun die Waren selbst betrifft, so fand man in 2 Kollektivaus- 
stellungen, der einen der Holzarbeiter des Bezirkes Berchtesgaden und 
der anderen des Gewerbevereines Fürth so ziemlich alle Techniken ver 
treten, die mit der Verarbeitung und Veredlung des Holzes in Zusammen- 
bang gebracht werden können und doch waren gerade diese beiden Aus- 
stellungen so von einander verschieden. An ersterer beteiligten sich 34 
Aussteller und machte sich fast an all’ den vorgeführten Arbeiten ein 
eigenartiger, charakteristischer Zug geltend, es ist als ob diese Arbeiter 
ein gewisses Stilgefühl von ihren Bergen ererbt hätten! Frei und ungebun- 
den, oft in derber, kräftiger Ausdrucksweise zeigte sich die Arbeit, einfach 
und auch wieder anspruchsvoll, als ob sie uns zwingen wollte, ihrer Volks- 
tümlichkeit zu huldigen. Und in der That, man kann ihr die Anerkennung 
nicht versagen! Zeigt sich doch in den vielerlei Spielsachen und Schäch- 
telchen, manche noch nach alter Weise in bunten Farben bemalt, an Dreher- 
arbeiten, den oftmals mit gelungener Naivität ausgeführten Schnitzarbeiten 
u. Ss. W. nicht blos ein tiefinniges Verständnis und Freude an der alt her- 
gebrachten heimischen Beschäftigung, sondern auch an manchem Stücke eine 
gute Schulung, die nicht wenig dazu beiträgt, bei dem allerorts emporstreben: 
den Geschäftsgange auch dieses Völklein von Natur-Künstlern noch konkur- 
renzfähig zu erhalten. 
Anders verhält es sich mit dieser Industrie in Mittelfranken. Hier 
ist keine berechtigte Eigentümlichkeit, kein ausgesprochenes Stilgefühl — 
hier lässt sich in all’ den Waren die fabrikmässige .Herstellung erkennen, 
der Handelscharakter ist jedem auch dem kleinsten Stücke aufgeprägt und 
so ist es denn hier die Leistungsfähigkeit in Massenproduktion und der 
über alle Weltteile ausgedehnte Export allein, der bei der Beurteilung 
dieser Waren in die Wagschale fallen musste. Dabei muss man sich aber 
doch fragen, ob dieser Zustand — bar aller künstlerischen Bestrebungen 
— auf die Dauer sich zu halten vermag und ob hier nicht ein Rückgang 
zu befürchten steht, wenn sich die Industriellen, Fabrikanten und Arbeiter 
nicht der auf allen Gebieten kunstgewerblicher Thätigkeit sich vollziehen- 
den Umwälzung zu Gunsten eines feineren, stilgerechteren Geschmackes an: 
zuschliessen bestrebt sind. Die Ueberzeugung wird wohl jeder Besucher
	        
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