Full text: Nürnberg

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das Erdreich gesetzt hätte, für eine längere Reihe von 
Jahren keinen festen Baugrund ab; man könnte keine 
neuen Gebäude darauf errichten, welche nach Abbrechung 
der Stadtınauer die dürftigen Häuser verdeckten, die sich 
hinter der Mauer hinziehen. So viel also auch unter den 
Bürgern schon über die Frage verhandelt wurde, ob es 
nicht vortheilhafter wäre, die Mauern der Stadt und den 
auf beiden Seiten gemauerten Stadtgraben, die beständige 
und kostspielige Reparaturen erheischen, einzureissen, die 
so gewonnene grosse Zahl von Bausteinen für Neubauten 
zu verwerthen, den Graben einzugleichen, den gewon- 
nenen Grund mit Anlagen zu versehen und zuzuwarten, 
bis rings um die Stadt an der Stelle der alten Stadtmauer 
schöne Neubauten entstünden: so ging doch die über- 
wiegende Meinung immer dahin, es sei besser, der Stadt 
ihr alterthümliches Ansehen zu erhalten und Mauern, 
Mauerthürme und Graben bestehen zu lassen. Dagegen 
hat die Baulust der Bewohner jetzt ihr Augenmerk auf 
die Plätze jenseit des Stadtgrabens gerichtet. Seit 
einem Jahrzehnt hat sich durch die Entstehung vieler 
Fabriken die Bevölkerung sehr vermehrt und der Häuser- 
werth ist vornehmlich durch Zulassung der Juden ansehn- 
lich gestiegen. Während früher nur wenige Häuser durch 
Vermiethung ihren Ankaufspreis hinreichend verzinsten 
und daher Niemand Neubauten unternehmen wollte, sind 
jetzt die Miethen auf eine Höhe gestiegen, dass sie die 
Kosten eines Neubaues genügend decken. Daher sind 
seit zehn Jahren rings um den Stadtgraben an den Grenzen 
der Gärten, deren Mauern und Breterwände weichen 
mussten, viele hübsche Häuser entstanden, was zur Ver- 
schönerung der nächsten Umgebung der Stadt wesentlich 
beiträgt, und die Baulust ist auf dieser Seite in einem 
beständigen Zunehmen. Wächst die Bevölkerung in gleicher 
Progression fort, so werden dem prosaischen Dampfe, der 
alles Gemüthliche und Romantische in der Welt zerstört 
und auch das menschliche Leben in eine Hetze verwan- 
delt, in wenigen Jahrzehnten wohl auch die alterthümlichen, 
epheuberankten Mauern und Thürme weichen müssen!
	        
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