Volltext: Nürnberg

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wackere nürnberger Handwerkerstand, an die glücklichen 
Zeiten gewöhnt, wo der Gewerbsmeister selbstständig mit 
seinen Gesellen arbeitete, kann sich neben dem gegen- 
wärtigen fabrikartigen Betriebe der meisten Gewerbe, 
wo zugleich das Kapital arbeitet, nur mit Mühe erhalten. 
Seine Arbeiten, in so weit sie nicht für den städtischen 
Bedarf, sondern wie dies bisher meist der Fall war, für den 
Weltmarkt bestimmt sind, unterliegen einer Concurrenz, 
die ihn fast ertödtet; bei vielen wird ihm kaum das Roh- 
material bezahlt, und trotz allen Fleisses ernährt er sich 
mit seiner Familie bei den vertheuerten Miethen und 
Lebensmitteln nur kümmerlich. Es wird noch eines halben 
Jahrhunderts bedürfen, bis sich dieser empfindliche Miss- 
stand ausgleicht, bis der alte Gewerbsmeister den Ge- 
brauch, seine Söhne eben wieder sein eigenes, so wenig 
einträgliches Geschäft erlernen zu lassen, aufgibt und sie 
in Erwerbszweigen unterzubringen sucht, die ihren Mann 
besser nähren. Dann aber wird auch Nürnberg seine 
schöne altreichsstädtische Eigenthümlichkeit, sein unab- 
hängiges und selbstständiges Bürgerthum verloren haben. 
Wo sind aber für Alle, bei der heutigen Ueberfüllung 
aller Branchen, solche bessere Erwerbszweige zu finden, 
wird man fragen. Wir sehen keine andere Hülfe, als ein 
Zurückgreifen zum Feldbau, als eine Auswanderung im 
Grossen! Je grösser die Zahl jener hohen Schornsteine 
wird, die den gepriesenen Dampf nach den Wolken wir- 
beln, desto überflüssiger wird eine grosse Zahl von Menschen- 
händen, desto weniger wird es dem Einzelnen möglich, im 
Gewerbsbetrieb seine Selbstständigkeit zu behaupten, desto 
weiter löst sich die bürgerliche Gesellschaft in Fabrik- 
besitzer und besitzlose Fabrikarbreiter auf. Wir gehen einer 
neuen Zeit entgegen, welche die alten socialen Zustände 
völlig umgestaltet, ob zum Besten des Einzelnen, steht 
dahin. Mögen die Nürnberger auch in diesen neuen Ver- 
hältnissen den nüchternen, arbeitsamen, redlichen und bie- 
deren Geist zu bewahen suchen, der ihre alte Reichs- 
stadt seit Jahrhunderten ausgezeichnet hat! ”
	        
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