Volltext: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

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Einleitung. 
betätigen sie zu wenig Strenge und Konsequenz, der Taidigung, 
wie überhaupt der Laune des Klägers zu viel Beachtung ein- 
räumend. Furchtsam lauschen sie dem Gerücht und Geschrei der 
Menge, allem vorbeugend, was irgendwie Unwillen und Unruhe 
verursachen könnte; tatenlos verharren sie hie und da der Willkür 
der Volksjustiz, wie z. B. dem Gebahren des Pöbels am Raben- 
stein gegenüber, wo der Henker bei unredlichem Richten trotz 
des scharfen Friedgebots nur mit genauer Not der Steinigung ent- 
rinnt. Zu hartnäckig halten sie mitunter an veralteten grausamen 
Strafen — wie am Lebendigbegraben und später am Ertränken 
— fest; Schritt für Schritt zurückweichend gewähren sie den Forder- 
ungen der neuen Theorien nur mit Widerwillen Einflufs und 
Geltung. Auch der Egoismus scheint ihrem Herzen nicht völlig 
iremd. Nicht, dafs sie sich als „Taschenrichter“ erweisen; ich 
gedenke jedoch hier ihres Bestrebens, bedeutende Männer, wie 
Veit Stofs, anstatt sie zu verbannen, zu konfinieren, um sie ganz 
zum Vorteil der Kommune auszunützen, oder der Beschlüsse, wonach 
Missetäter mit Weib und Kind verwiesen, ja — wie einige Male 
— der Familie wegen gar nicht bestraft werden, lediglich deshalb, 
um der Stadt die Unterhaltung derselben zu ersparen. 
Aber diese Mängel — abgesehen davon, dafs es fraglich, ob 
letzteres nach damaliger Anschauung als solcher gelten darf — 
werden durch mannigfache Vorzüge zum Schweigen geboten und 
dokumentieren sich selbst wieder in vieler Hinsicht zum Frommen 
der Republik. 
Gerade jenes gerügte Selbstbewulstsein ist es, was die anfangs 
so haltlose, auf thönernen Fülsen basierende Obrigkeit zur höchsten 
Autorität bei den Bürgern, wie im Ausland gelangen läfst. Ihr 
überlegtes, bedächtiges Vorgehen bewahrt sie nicht selten vor 
unreifen, übereilten Entschlüssen, vor manchem Übergriff, Ihr 
Festhalten am Erbstück der Väter, den altbewährten Bräuchen, 
verleiht — wie es sich in der folgenden Darstellung erweist — 
den Aussprüchen vielfach eine mildere Sprache, als die spätere 
sklavische Unterwerfung unter die Dikta der neuen hochnotpein- 
lichen Ordnung. 
Ohne sonst ihre Regierungsweise — welche trotz zahlreicher 
Fehlgriffe immerhin von trefflichen Maximen geleitet ist und uns 
bei Prüfung der einzelnen Epochen eine Reihe von Männern offen- 
bart, die beseelt von politischer Einsicht, durchglüht von hohem
	        
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