Volltext: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

A. Allgemeiner Teil, II. Die Strafe, 
and kommerziellen Beziehungen, sei es, dafs sie solche in andern 
Städten bereits besitzen, sei es, dals sie sich ihnen erst eröffnen, 
nutzbringende Förderung. Selbst für den in das Welschland Ver- 
wiesnen ergibt sich leicht Gelegenheit, in fremde Kriegsdienste zu 
freien oder einen einträglichen Handel zu beginnen. Sein Ver- 
mögen verfällt ja nicht. wie ehedem das des Ächters, der Beschlag- 
nahme und Einziehung; und auch hinsichtlich der räumlichen Er- 
streckung des ‚Aufenthaltsverbots berücksichtigt der Rat nicht 
selten die Wünsche des Verbannten, zumal, wenn er hiedurch recht 
weit dem Stadtbereich entriückt wird. So läfst sich denn die Straf- 
zeit sorglos und erspriefslich durch einen fröhlichen Fehdezug, 
durch eine Palästinafahrt, durch Studien auf Bononiens Hochschule, 
durch Gründung neuer Stapelplätze erfüllen und kürzen. Zudem 
gilt er — sofern ihm nicht die Verächtlichkeit einer thörichten 
Tat den Stempel der Ehrlosigkeit aufprägt — immerhin als Sohn 
der mächtigen Reichsstadt, die ihn selbst als Gesandten und Boten 
nützen, mit wichtigen Missionen betrauen kann. Im Falle hoch- 
verräterischer Bestrebungen wider Stadt und Rat greift man daher 
bei Patriziern — ihren Einflufs im Ausland mit Recht als Gefahr 
für das Geweinwesen würdigend — nur höchst selten zur Ver- 
bannung: Geratner ist es, sie hinter Schlofs und Riegel, in zeitigen 
der ewigen Thurmverhaft zu bringen. 
Nicht so glückverheifsend scheint die Zukunft derer. welche 
7on „gemeinen‘‘ Eltern stammend, mittellos, gezeichnet vielleicht 
mit dem entehrenden Kainsmal der Verstümmelung, hinausgeworfen 
werden und des Elends bittern Kelch bis auf die Neige leeren. 
Selten erreichen sie als ehrliche Knechte Nahrung und Unterkunft, 
nur zu bald sinken sie physischem, wie moralischem Verderben in 
die Arme. Jedes Unterfangen, sich aus dem furchtbaren Notstand los- 
zuringen, wird zum Verbrechen und dies ein willkommener Anlafs, 
solch Erbarmungswürdige, welche ja doch nur als lästige Land- 
plage erscheinen, völlig unschädlich zu machen. Nur von neben- 
sächlicher Bedeutung sind für diese auch Art und Dauer des 
Stadtverbots: selbst ein für wenig Jahre Verbannter darf kaum 
die Wiedergewinnung der einstigen gesicherten heimischen Stellung 
erhoffen. Und schon lange vor Ablauf der Frist vielleicht schleppen 
die ihn auf der Streife aufgreifenden Söldner als „Schädlichen‘““ 
wieder zum Thore herein und dann hinaus zum — Rabenstein! 
Die Stadtverweisung äufsert sich als Verbannung und Aus- 
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