Volltext: Das alte Nürnberger Kriminalrecht

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Vorwort. 
Praxis. An sich bestehen die einheimischen Polizei-Ordnungen die 
Prüfung durch eine derartige praktische Lupe; streifen sie das 
eigentliche Strafrecht überhaupt nur wenig, so entsprechen die Fehde- 
bestimmungen z. B. völlig der damaligen Übung. Nicht so eine 
fremdartige, überaus strenge Vorschrift, die sie mit sich schleppen, 
dem Aug um Aug, Zahn um Zahn des mosaischen Gesetzes allzu 
ähnlich. Als Drohung war sie nicht zwecklos und mochte treffliche 
Wirkung äufsern, zumal da die Verordnungen an festgesetzten 
Tagen dem Volk durch öffentliche Verlesung eingeschärft wurden. 
Tatsächlich aber hielt es der Rat durchaus nicht für erforderlich, 
sie zu befolgen, bezw. einem, der eines andern Bein abgehauen. 
den gleichen Gefallen zu erweisen. 
Andernteils versündigten sich die Verabfasser von Rechts- 
vüichern nicht minder durch Aufstapelung von „Urväter Hausrat“ 
in neuen Folianten. Seltsam mutet es uns an, wenn wir dort die 
ehrwürdige Sühne des Marksteinversetzers oder Baumabschälers, 
aufgeputzt und aufgefrischt durch Gold und Farben, zwischen — 
im Gegenüberhalt zu ihnen — jungfräulichen Strafbestimmungen 
auftauchen sehen. Für die Schöffen längst zu Grabe getragen, 
liefs sie der Kompilator unentwegt fortregetieren, nicht, weil er 
ihnen noch Existenzberechtigung zusprach, sondern vielmehr aus 
Pietät, Freude an ihrer — geschmackvollen Grausamkeit und — 
hatte ja für die Väter das „Damals“ ebenso Reiz, als für uns, 
wenn auch in anderer Weise. Solch Vorkommnis aber bekundet 
sich namentlich oft bei Kaiserprivilegien. So errang in Nürnberg 
das „Richten auf verleumunt freyheitbriefe“ Einlafs in die IL. Hals- 
gerichtsordnung, wiewohl man nicht mehr daran dachte, einen au 
hlofsen schweren Leumund hin für todeswürdig zu erachten.*) 
Endlich erweisen sich jene Strafsatzungen zuweilen als äufserst 
lückenhaft: Was in des Volkes Bewufstsein und Überzeugung bereits 
festgewurzelt war, und — was es nicht zu wissen brauchte, fand 
Ausschlufs von der Publikation. 
In die eigentliche Werkstatt juristischer Gedankenarbeit blieb 
also dem Laien der Einblick versagt. Gerade die Ausgestaltung 
*) Von tatsächlicher Geltung des Leum.-Verf. kann hier nicht mehr die 
Rede sein. Nicht einen Fall überliefert auch das sorgfältig geführte HGB. 
In zu späte Zeit (1430 st. 1320) setzt Siegels R-Gesch. das LV.; dort figuriert 
auch die mythische „eiserne Jungfer“ -— ein Hinrichtungswerkzeug par ex- 
eellence — als Folterinstrument zwischen Daumensehraube und Hase.
	        
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