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zfters Umzüge, am Fastnachtsdienstag oder am Aschermittwoch (denn
dieser wurde ehemals immer noch in die Faschingsfreude hineingezogen),
wobei sie eine große Bratwurst mit sich führten, die das erste Mal
(1591) nur etwa 60 Ellen lang war, mit der Zeit aber ins Ungeheuer—
liche wuchs, sodaß sie 1668 eine Länge von 658 Ellen und ein Gewicht
von 514 Pfund hatte. Die 49 Fuß lange Stange, um die sie gewickelt
war, mußten 12 Männer tragen. Übrigens, da wir gerade bei den
Bratwürsten sind, so geschehe als Beispiel für das, was alles man
in den Chroniken sich zu erzählen Gefallen fand, auch des beliebten
Histörchens Erwähnung, das von einem Mitgliede der uralten
patrizischen Familie Stromer erzählt wurde. Hans Stromer, früher
Stadtrichter, der bald nach dem markgräflichen Kriege, weil er einen
Edelmann erstochen, nach anderen Angaben, wegen „einiger Frevelreden
und bösem Verdachte, daß er der Stadt nicht getreu wäre,“ lebens—
länglich auf einen Turm gestraft worden war, soll sich zu jeder Mahl⸗
zeit neben anderer Speise auch eine Bratwurst haben aufsetzen lassen,
sodaß ihm, da er 88 Jahre auf dem Turm gesessen (er starb am
20. Dezember 1592), nachgerechnet wurde, daß er während seiner Haft
im ganzen 28000 Bratwürste verzehrt habe. Daß eine vornehme
Lebensstellung gar oft nicht vor Strafe schützte, mußte auch der
Konsulent Dr. Nikolaus von Gülchen erfahren, der am 28. Dezember
1605 wegen Ehebruch, Blutschande und ungetreuer, unredlicher Hand—⸗
lungen gegen die Stadt mit dem Schwert hingerichtet wurde. Wie
häufig noch die Todesstrafe und andere barbarische Strafen angewendet
wurden, ersieht man aus dem merkwürdigen (1801 abgedruckten) Tagebuche
des Scharfrichters Meister Franz (Schmidt), der in den Jahren 1878
bis 1617 allein in Nürnberg (mit wenigen Ausnahmen) nicht weniger
als 361 Menschen vom Leben zum Tode befördert und 345 Personen
am Leibe gestraft, mit Ruten ausgestrichen, ihnen die Ohren abgeschnitten
oder die Finger abgeschlagen hat. Im Jahre 1571 übrigens schloß
der Rat mit der Republik Genua einen Vertrag ab, wonach
„malefizische Personen“ auf einige Jahre zu den Galeeren verurteilt
werden konnten. Doch scheint man wegen der allerhand Weitläufig—
keiten, die mit dem Transport solcher „Galeoten“ verbunden waren,
nicht allzu häufig von dieser Strafart Gebrauch gemacht zu haben.
Ehrenstrafen waren damals noch allgemein. Seit 1565 wurden Per—⸗
sonen, die in gotteslästerlicher Weise geflucht, barfuß und barhäuptig
vor die Kirchenthüren gestellt, eine Strafe, die auch häufig über
Frauenspersonen, die sich sittlich vergangen hatten, verhängt wurde.
Letzteren gab man wohl auch eine Rute in die Hand. Im Jahre
1582 ließ der Rat eine neue Ordnung vom Rathaus ausrufen,