Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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Feder in die Hand drückte, war die Wahrnehmung, daß alles aus den 
Fugen zu gehen drohte, daß die Leugnung der Gegenwart Christi im 
Abendmahl nur als ein weiterer Schritt auf der abschüssigen Bahn 
der alles Bestehende mit Umsturz bedrohenden Neuerungssucht zu be— 
trachten sei. Sehr möglich freilich auch, daß er dadurch die hier und 
da vielleicht laut gewordenen Verdächtigungen zu entkräften suchte, als sei 
er selber ein heimlicher Freund der „Sakramentsschänder“.*) Hatte er 
doch bis dahin mit dem oben genannten Weiß, ja mit Zwingli freund— 
schaftlichen Verkehr unterhalten, sogar dem freigeistigen Denk einst 
eine Anstellung in Nürnberg verschafft und neigte doch selbst sein intim— 
ster Freund Albrecht Dürer bei aller Verehrung für Luther in der 
Abendmahlsfrage der Zwinglischen Auffassung zu. Jedenfalls glaubte 
Pirkheimer seine eigene oder die Verteidigung des Bestehenden nicht anders 
führen zu können, als indem er seine Angriffe gerade auf die Schrift 
eines alten Freundes, des Oekolampadius, freilich eines Hauptführers 
der Zwinglischen Partei, richtete. Er that dies in einem Büchlein 
über den „wahren Leib und das wahre Blut Christi,“ dem er, als 
Dekolampad antwortete, noch zwei andere Schriftchen nachfolgen ließ. 
Leider verließ Pirkheimer in seinen Ausfällen bald jedes Maß einer 
anständigen Form und scheute sich nicht, Oekolampad förmlich mit 
Schmutz zu bewerfen. Es wirft das ein nicht gerade schönes Licht 
auf seinen Charakter. 
Bei aller Heftigkeit, mit der wir Pirkheimer im Abendmahls— 
streite für Luther eintreten sehen, wodurch er sich sogar das Lob des 
Reformators selbst verdiente, war er doch weit davon entfernt, ein 
unbedingter Anhänger der Sache der Evangelischen zu sein. Nur im 
Anfang, in der ersten Hälfte der zwanziger Jahre, durfte man ihn 
wohl dafür halten, wie z. B. aus seinen Briefen an Erasmus hervor⸗ 
geht, bei dem er sich bitter über die Römlinge beklagt und dessen Be— 
schuldigungen gegenüber er Luther warm und aufrichtig in Schutz 
nimmt. Allein die Kirchenreformation nahm einen anderen Gang als 
er — und mit ihm so viele andere Humanisten, ein Erasmus, ein 
Zasius u. s. w. — ihn sich gedacht und ersehnt hatten. Pirkheimer sah 
nur die ja gar nicht zu leugnenden Übelstände, die sich der lutherischen 
Sache anhingen, die alle gewohnte Ordnung umkehrenden Ausschrei— 
tungen der Bauern und Wiedertäufer, vor allem die unglückselige 
Spaltung der Nation, die ihm sogar die Äußerung entlockte: „Wie 
viel besser wäre es doch gewesen, einstweilen noch selbst eine gewisse 
Tyrannei zu ertragen, bis Gott sein Volk befreit hätte oder durch die 
Wie Drews, Wilibald Pirkbeimers Stellung zur Reformation, Leipzig, 
1887, bemerkt hat.
	        
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