Volltext: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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Förderung zuteil werden lassen durch Abhaltung einer Extralektion, 
eines „actus in arte humanitatis“. In der zweiten Nachmittagsstunde 
sollte mit den vorgerückteren Schülern eine Lektion, „die nicht allein 
nützlich, sunder auch lustig und lieblich sei“, eine Fabel von Asop oder 
ein Stück von Terenz traktiert werden. Auch wurde der Kirchendienst 
der Knaben zu Gunsten des eigentlichen Schulunterrichts etwas be— 
schränkt. Wiederholt wird betont, daß die Schüler nicht zu sehr an— 
gestrengt werden und daß sie in „ziemlicher Weise“, also nicht gar so 
barbarisch, wie es Sitte war, gezüchtigt werden sollten. Damit seine 
Bestimmungen auch gehörig befolgt würden, bestellte der Rat gewisse 
Aufseher, meist Geistliche, die gegen ein kleines Jahreshonorar all— 
wöchentlich die Schulen visitieren und daselbst nach dem Rechten sehen 
sollten. 
Unleugbar bedeutete die besprochene Schulreform einen gewissen 
Fortschritt und die Nürnberger Schulen mögen seitdem wohl nicht so 
ganz mehr der Hölle und dem Fegefeuer geglichen haben, womit Luther 
die Schulen seiner Jugendzeit verglichen hat, „da wir innen gemartert 
sind über den Casualibus und Temporalibus, da wir doch nichts denn 
eitel nichts gelernt haben durch so viel Stäupen, Zittern, Angst und 
Jammer“. Ein humanistischer Unterricht wurde aber immer noch in 
Nürnberg vergeblich gesucht. Erst 1496 richtete der Rat, wie bereits 
gemeldet, eine sog. Poetenschule ein, als deren Lehrer, pro comuni 
philosopho gemeiner Stadt, wie es in dem Ratsverlaß heißt, Hein— 
rich Grieninger mit einem Gehalt (damals nannte man es Stipendium) 
von 100 fl. rheinisch, wozu noch das Schulgeld der Knaben hinzukam, 
angestellt wurde. Dieser scheint von den Anhängern der alten scholastischen 
Richtung überaus heftig bekämpft worden zu sein. Der Rat mußte 
im Jahre 1499 den Propst bei St. Lorenz bitten, einem Prediger, 
der auf offener Kanzel eine Schmährede wider Grieninger gehalten 
hatte, das Predigen fortan zu untersagen. Dabei spielte auch der 
Brotneid eine große Rolle, da die Rektoren (oder Magistri, der Rat 
nannte sie gewöhnlich Schulmeister) der alten Pfarrschulen durch den 
Zulauf, der in die neue Poetenschule stattfand, in ihren Einkünften 
beeinträchtigt wurden. Die gegenseitige Erbitterung führte im Jahre 1502 
zu ganz ärgerlichen Auftritten. Die Schüler Grieninger's hatten die 
Schüler von St. Sebald in ihre Schule gezogen und durchgehauen. 
Der Kantor, der Gehilfe des Rektors, wollte deshalb den „Poeten“, 
wahrscheinlich Grieninger selbst zur Rede stellen. Des Poeten Jung— 
meister (Locatus) aber zog ein Messer vor und schlug damit dreimal 
nach dem Kantor, sodaß dieser weichen mußte. Mittlerweile kamen 
aber die Bacchanten, die älteren Schüler der Pfarrschule herbei und 
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