Full text: Geschichte der Stadt Nürnberg von dem ersten urkundlichen Nachweis ihres Bestehens bis auf die neueste Zeit

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Wohl mehr der Umstand, daß Nürnberg zwar eine ganze Anzahl 
anderer Klöster, aber noch keine Karthause besaß, als, wie alte Nachrichten 
melden, die tiefe Erschütterung über den Verlust seiner Gattin, mag 
Marquard Mendel bewogen haben, gerade dem strengsten, von der Welt 
und ihrer Lust am meisten abgewandten, aller Mönchsorden auch in 
seiner Vaterstadt ein Heim zu bereiten. Denn dafür galt der gegen 
Ende des 11. Jahrhunderts in einer wüsten und einsamen Gegend des 
südlichen Frankreichs, der Chartreuse, gegründete Karthäuserorden. Den 
Karthäusermönchen waren besonders schwere Verpflichtungen auferlegt. 
Nicht nur sollten sie in möglichster Abgeschlossenheit von der Welt ein 
nur auf Gott und göttliche Dinge gerichtetes Leben führen, daher sich 
außer dem Prior und dem Schaffer, der für den leiblichen Unterhalt der 
Mönche zu sorgen hatte, niemand von ihnen auf der Straße sehen zu lassen 
pflegte, sondern die Mönche ein und desselben Klosters waren auch in ihrem 
Verkehr unter einander nur auf das allernotwendigste beschränkt. Sie 
mußten mit Ausnahme der hohen Feste oder wenn es ihnen der Prior 
erlaubte, ein beständiges Stillschweigen bewahren. Das Essen nahmen 
sie allein in einsamer Klosterzelle ein, wo sie ihre Zeit hauptsächlich 
mit dem Lesen und Abschreiben frommer Bücher zubrachten. Doch auch 
Handarbeiten, wie Tischlern und Drechseln, sowie Arbeiten im Kloster— 
garten wurden gern von ihnen verrichtet. Ihre Nahrung war die 
denkbar dürftigste, nur ausnahmsweise war ihnen der Genuß von Wein 
und Fleisch gestattet. Durch ihr einfaches beschauliches Leben, sowie 
durch die oft befolgte Sitte, sich zur Ader zu lassen, sollen die Kar— 
thäuser, wie ihnen früher nachgerühmt wurde, gewöhnlich ein hohes 
Alter erreicht haben. Ihre Ordenstracht war ein weißer Rock mit 
weißer Kapuze, nur, wenn sie ausgingen mußten, trugen sie darüber 
einen Chorrock von schwarzer Farbe. 
Marquard Mendel bezog selber eine Zelle in dem von ihm ge— 
gründeten Kloster, machte aber dann im Interesse seiner Stiftung noch 
zwei Reisen nach Rom, auf deren zweiter er in Venedig 1388 starb. 
Sein Leichnam wurde nach Nürnberg gebracht und im Chor der von 
ihm gegründeten Kirche bestattet. Laut der Konfirmationsurkunde sollte 
die Karthause zu ewigen Zeiten in des Rats Schutz sein, der deshalb 
nach dem Tode des Stifters jederzeit einen Pfleger für sie verordnete. 
Angeblich, weil die neue Karthäuserkirche die Menge der Menschen, 
die sich zu ihrem Besuche drängten, nicht fassen konnte, entstand unweit 
von ihr als eine Zugehörung des Klosters noch eine andere Kapelle, 
die sog. Mendelische Kapelle zu den zwölf Boten (Aposteln), auch die 
Totenkapelle genannt, von der es zweifelhaft bleibt, ob sie gleichfalls 
noch von Marquard oder von dessen Bruder Konrad Mendel (starb 1414)
	        
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