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Das für die Gesellen massgebende Motiv, die mög-
lichste Beschränkung ihrer Anzalıl, tritt noch viel deut-
licher als in dem besprochenen bei einer neuen Forderung
zu Tage, welche die Gesellen im Jahr 1802 stellen: Jeder
Meister soll nach Auslernung eines Jungen drei Jahre „still
halten“ und erst nach deren Ablauf einen neuen Jungen
wieder annehmen dürfen. Diesen „Lehrstillstand“ bean-
tragen sie zuerst in der Handwerksversammlung !) und
als ihnen seitens der Meister nicht sofort eine entgegen-
kommende Antwort zu Teil wird, weigern sie sich, die
Auflage zu zahlen und der amtliche Offizial, welcher sie
aintreiben soll, muss unverrichteter Dinge wieder abziehen.
So berichten wenigstens am nächsten Tage die Ge-
schworenen vor dem Rugsamt.
Alsbald erscheinen auch die Vertreter der Gesellen-
schaft, „die Ladengesellen“ und bestätigen durchaus die
Angaben der Geschworenen. Sie bitten nicht nur um
Dekretierung eines Lehrstillstandes, sondern auch um eine
Verordnung, nach welcher kein Meister „sich unterstehen
dürfe, mehr als einen Jungen zugleich anzunehmen.“ *)
Auch hier erklären sie dann nochmals, bevor diese Ange-
legenheit nicht entschieden sei nnd sie über den Beschluss
eine Protokoll-Abschrift bekommen hätten. würden sie keine
Auflage mehr entrichten, ?)
Die beiden jetzigen Anträge unterscheiden sich wesent-
lich von dem vorausgegangenen; letzterer war dem Be-
streben der Meister, das ganze Gesellenwesen wieder in
handwerksmässige Formen zu bringen, entgegengekommen
und hatte dadurch eine Parteinahme der Meister für die
Forderungen ihrer Gesellen hervorgerufen. Jetzt liegt die
Sache ganz anders, hier kommt ausschliesslich das Motiv
i) Am 8. Febr. 1802. (vgl. Rugsamts-Prot. vom 9. Febr. f. 83.)
2) Rugsamts-Prot. vom 9. Febr. 1802. f. 84.
3) Ihbidem f. 85.