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wird dagegen eingewendet, des Cassius Vater habe schon viel
früher den Goldpurpur durch Versetzung einer Lösung von Gold
in Königswasser mit einer Lösung von Zinn in Königswasser dar-
gestellt, eine Erfindung, welche sich der Sohn unrechtmässiger
Weise in dem genannten Werke zugeschrieben haben soll.
Schliesslich sei noch der schönen Doppelgläser mit Zwischen-
vergoldung !) gedacht, deren Technik uralt ist. Athenäus (300
n. Chr.) nennt sie in seinen Deipnosophisten hyalina diachrysa
(valıyoa dıkyovoa). In etruskischen Gräbern und in den Katakom-
ben fand man Gefässe, auf deren Boden bildliche Darstellungen
verschiedener Art, selbst Porträte und Inschriften in Gold, durch
ein zweites Glas geschützt, sich befinden. Die Römer übten die
Kunst, zwischen zwei Gläser Bildwerke in Goldfolie einzuschliessen,
sehr wahrscheinlich bis zum Zusammenbruch des römischen Rei-
ches. Um das Jahr 500 hörte die römische Litteratur auf, wenn
auch das Latein die Sprache der Kirche, der Gebildeten und der
Bücher blieb. Die Künste geriethen nicht minder ins Stocken,
Ein vielleicht dem 10. Jahrhundert angehöriger Autor, dessen
Person in ein mysteriöses Dunkel gehüllt ist, Heraclius, fand das
Verfahren der römischen Glaskünstler wieder auf. Er beschreibt
nicht die bei den Römern, seinen Zeitgenossen, noch geübte Be-
reitungsweise, sondern die Versuche, die er selbst unternahm, um
eine Kunst wieder zu beleben, welche in Italien erloschen war,
ja er beklagt, dass der den alten Römern innewohnende Kunst-
genius in seiner Zeit so gänzlich geschwunden sei. Bei seinen
Versuchen geräth er sogar auf die abenteuerlichsten Mittel; so
z. B., um das Glas für das Schneiden zu erweichen, bestreicht er
es mit Essig und dem Blut eines mit Epheu gefütterten, grossen
Bockes, welches Gemisch er über die fetten Würmer gegossen
hatte, welche die Pflugschar aus der Erde wühlt, während das
Schneiden und Gravieren des Glases bekanntlich unter Nero und
seinen Nachfolgern mit dem grössten Erfolge betrieben ward.
Ilg zeiht Labarte der Wunderlichkeit, weil dieser die Mit-
theilungen des sogenannten Heraclius nicht als die Berichte eines
Schriftstellers über das, was seine Zeit im Fache leistete, ansieht,
sondern als Ergebnisse einer antiquarischen Forschung, die mit der
Zeit, in der sie niedergeschrieben wurden, gar nichts zu thun
haben. Und warum? Nur weil Ilg sich nicht mit Labarte über
die Zeit einigen kann, in welcher der problematische Heraclius
gelebt haben mag. Man sollte glauben, Ilg habe den Heraclius
gar nicht gelesen, wenn er nicht selbst ihn herausgegeben und
übersetzt hätte.
Heraclius gibt unter andern eine Anweisung zur Verfertigung
der Doppelgläser mit Zwischenvergoldung an, welche ich im Vers-
masse der Urschrift möglichst getreu übersetzt hier mittheile,
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| 1) Vergl. „Carl Friedrich, die Technik der Goldgläser“ in der Zeitschrift
des Kunstgewerbe-Vereins in München, Nr. 11 und 12. 1879.