Object: error

0 
Siebentes Kapitel 
Venedig dürstet meine Seele nach dem Anblick eines Mannes, 
den ich von Grund aus achten und bewundern kann.“ 
Der Ohm sah freundlich und mit zufriedenem Lächeln auf 
die junge Schöne nieder. Er konnte ihr Verlangen verstehen, 
denn er kannte ihren hohen, idealen Sinn, ihre Liebe zu der 
Kunst, ihre Schwärmerei für alles Große und Schöne. „Was 
du begehrst, mag dir wohl werden“, sagte er. „Zu wieder— 
holten Malen sah ich bei Signor Varini einen größern Kreis 
Geladener, wenn der deutsche Künstler zugegen war. Ich will 
die Frau des Hauses bitten, daß sie dir den Zugang öffne.“ 
„O dafür nehmet meinen Dank!“ rief Bella beglückt und 
drückte dem Ohm die Hand. — 
Bei Signor Varini, welcher einen der Paläste am Markus— 
platz bewohnte, war etliche Tage später eine auserlesene Gesell— 
schaft bei einander. Reich gekleidete Diener eilten durch den 
großen Saal und boten den Versammelten allerlei Erfrischung. 
Die Geladenen bestanden zu einem Teil aus Künstlern, 
zum andern aus Verehrern der Kunst. Was zuerst die Gemüter 
in Anspruch nahm, das war die Musik. Es war dem Haus— 
herrn gelungen, eine Sängerin zu gewinnen, welche, seit etlichen 
Wochen in Venedig anwesend, die ganze Stadt durch ihren 
Sang und Saitenspiel bezauberte. 
Nachdem man sich an den Tönen genugsam ersättigt, ver— 
lor sich die Gesellschaft in die einzelnen Gemächer. In einem 
von diesen sammelte sich ein Kreis um einen jungen Mann, 
der mit liebenswürdiger Willigkeit alle die ihn umschwirrenden 
Fragen beantwortete. Das war Albrecht Dürer. 
Seine persönliche Erscheinung schon wirkte anziehend, und 
noch mehr fesselte er durch seine Rede. Er war weit in der 
Welt herumgekommen und konnte erzählen wie ein Buch. Was 
hatte der Mann alles gesehen, und was für Augen mußte er
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.